Wie eine Comicseite entsteht

Oder in diesem Fall eher "Wie eine Comicseite entstand". Alle Seiten der alten Version von Seekers wurden auf diese Weise erstellt. Vielleicht ist es etwas irrelevant das noch zu zeigen, aber der eine oder andere mag es interessant finden und eventuell hilft es einem anderen Webcomic Zeichner ja doch noch dabei neue Ideen für seine bzw. ihre Arbeitsabläufe zu entwickeln.

Meine Regeln für Mangas habe ich aus diversen Büchern zusammengetragen, vor allem aus Toriyamas (Dragonball) "Manga Zeichenkurs" und aus diversen "How to draw Manga" Lehrbüchern.

 

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An erster Stelle des Projekts steht stets das Doodlebuch (oben im Bild). Darin lege ich grob das Layout eines kompletten Kapitels / Heftes fest. Pro Seite sind vier Comicseiten skizziert, wobei ich darauf achte, daß linke und rechte Seiten korrekt behandelt werden für einen späteren Druck. Im Doodlebuch sind sämtliche Texte bereits vorgeschrieben und die Panels (also Einzelbilder) der Seiten festgelegt. Sollte sich beim Zeichnen später allerdings herausstellen, daß ich doch zu viel Text in ein Bild quetsche oder eine Szene mehr Platz braucht als geplant mache ich durchaus Änderungen. Im Notfall werden einfach zwei Seiten hinzugefügt.

(Es ist richtig, das Mangahefte üblicherweise festgelegte Seitenzahlen haben - traditionell entweder 16 oder 32 - aber da es sich um einen Webcomic handelt und ich ohnehin nur in Sammelbänden denke nehme ich das inzwischen nicht mehr so genau.)

Mit der richtigen Seite aus dem Doodlebuch vor Augen wird die Seite vorbereitet. Die innere Linie ist bis wohin ich normalerweise zeichnen darf, die äußere ist die endgültige Grenze, die nur für besonders wichtige Panels und Brüche im Lesefluß erreicht werden soll.

Um diese Seite einfacher vorbereiten zu können habe ich eine Schablone. Diese kommt oben auf einen kleinen Stapel Papier und mit einer Pinwandnadel werden die Eckpunkte des Rasters auf mehrere Bögen frisches Papier übertragen.

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Als nächster Schritt werden die Linien für die Panels eingezeichnet, wobei vertikal größere Abstände benutzt werden als horizontal. Ich nehme 3 und 5mm.

Nach den Panels kommt der Text und anschließend die Sprechblasen dran.

Erst dann skizziere ich die ersten Figuren ein. Im Normalfall beginne ich mit dem ersten Panel und arbeite mich dann nach unten vor, es sei denn auf einem Panel passiert etwas, das aus der Umrandung sticht. Zum Beispiel wenn Giselda groß auf der Seite steht und sich die anderen Bilder etwas "wegducken" müssen oder wenn eine Hand den Rahmen durchbricht.

In dem hier vorliegenden Fall hatte ich einfach noch keine gute Idee dafür, wie ich das erste Panel gestalten sollte, und habe später erstmal Pferdefotos gewälzt.

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Getuscht wird eigentlich erst am Schluß, aber da ich keine Assistenten habe, die diese Aufgabe für mich erledigen, erlaube ich mir da durchaus Freiräume. Besonders im Sommer, wenn die Gefahr besteht beim Tuschen der oberen Panels die Vorzeichnungen der unteren mit Schweiß zu verschmieren, fange ich auch oft unten auf der Seite mit dem Tuschen an. Die Regel besagt eigentlich die großen Teile zuerst zu tuschen.

Auch in diesem Fall machte es Sinn das Tuschen in zwei Schritten zu erledigen. Zum einen fehlte das obere Panel ja immer noch und es war nicht unwahrscheinlich, daß ich es hinterher mehrmals ausradieren würde. Dann ist es gut, wenn ich die bereits fertigen Panels nicht versehentlich ruinieren kann. Und auch bei der Bürste war ich sicher daß nichts über sie hinausragen würde und konnte so in Ruhe Giselda zu Ende zeichnen und radieren und anschließend Akshi fertigstellen.

Wenn aufwendige Gebäude im Spiel sind tusche ich auf jeden Fall erst die Figuren fertig nachdem der grobe Aufbau und Winkel steht. Dabei muß ich immer sooo viel doppelt und dreifach zeichnen bis es endlich paßt.

Zum Tuschen benutze ich Tusche Filzstifte, und zwar die PITT Artist Pens von Faber-Castell, seit es keine Rapidoliner von Rotring mehr gibt. Ich habe auch einige andere Tuschestifte ausprobiert, die meisten spritzten oder kratzten jedoch. Seit einiger Zeit werden auch zunehmend Stifte von Copic verkauft. Zwar habe ich einige davon erstanden, sie aber noch nicht benutzt.

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Hier sehen wir das fertig getuschte Bild.

Eigentlich mag ich das Zeichnen mit Stiften nicht besonders, da mit ihnen nur eine Linie mit sehr rundlichen Enden und fester Liniendicke entsteht. Mit Feder oder Pinsel gearbeitetes Artwork sieht viel lebendiger aus. Mit beidem bin ich jedoch unglaublich schlecht.
So bleibt mir nur der Stift und ich füge künstlich einige Verdickungen in bestimmten Linien ein.

Ein grober Schnitzer, den ich mir bei Seekers durchgänig geleistet habe, ist die Verwendung von nur einer Stiftdicke, und zwar "S". Eigentlich sollten Hintergründe dünnere Linien aufweisen als die Figuren, und die Umrisse der Figuren sollten deutlich dicker sein als die Details. Auch dies trägt viel zur Lebendigkeit von Bildern bei und ich werde es von nun an im Auge behalten.

Beim Tuschen zeichne ich die Umrandungen der Panels nicht ein sondern markiere sie nur mit Eckpunkten.

 

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Nach dem Scannen wird das Bild zunächst mehrmals durch einen Filter gejagt, bei dem Schatten und Mitteltöne vertieft und helle Schattierungen aufgehellt werden. Natürlich könnte ich auch direkt als Lineart scannen, das nur Schwarz und Weiß kennt, doch ich mag es, wenn ich letztendlich ca. 16 Farben übrig habe. So sind die Linien nicht so hart.

Tatsächlich verkleine ich die Palette nach dreimaligem Durchlaufen des Filters auf 16 Farben und mache letzte Korrekturen von Hand.

Das Bild hat übrigens eine Auflösung von 300dpi, was für einen Druck gerade so eben angemessen ist. Mehr packt das Programm nicht. Ich arbeite hier übrigens mit dem Paint Shop Pro 6 von 1999.

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Sobald die Farben stimmen erhöhe ich die Farbanzahl auf 16 Millionen und lege eine neue Ebene an, auf der ich mit dem Formenwerkzeug in pink die Panels einzeichne. Ich nehme nicht gleich Schwarz dafür, da oft noch Sprechblasen oder Körperteile aus den Panels herausragen.

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Wenn die Panels fertig sind schalte ich auf die untere Ebene um und fange an alles zu entfernen, was dort nicht hingehört. Schmutz am Rand (nach dem Scannen leider immer normal), die Markierungspunkte für die Panels, Schrift in den Sprechblasen und sämtliche Linien, die überstehen.

Anschließend kehre ich auf die pinke Ebene zurück und entferne die Linien dort, wo sie in Sprechblasen und ähnliches hereinragen.

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Dies ist auch die letzte Chance für nachträgliche Änderungen. In diesem Fall z.B. habe ich Giselda ein wenig nach unten links verschoben, weil das Panel sehr unbalanciert war. Erneut lösche ich alles, was über den Rand hinaussteht.

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Die pinken Linien werden mit dem Füllwerkzeug schwarz gemacht. Dann verbinde ich die Ebenen und speichere das Bild unter einem neuen Namen, ehe ich weitermache. Zunächst werden mit dem Fülltool alle schwarzen Flächen ausgefüllt. Obwohl sie Mangaqualität haben tauchen beim Scannen von Tuschestiften immer unerwünschte Effekte auf und so bevorzuge ich es schwarze Flächen direkt digital zu färben anstatt all die grauen Strichlein und Punkte zu reparieren.

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Nun ist es an der Zeit, die Seite fein zu durchkämmen. Dies ist der zeitaufwendigste Teil und kann mehrere Stunden dauern. Mit einem hohen Zoom und einem 2x2 Pixel großen Pinsel arbeite ich die komplette Seite ab, male über die unebenen Ränder ausgefüllter Flächen, repariere krakelige Linien, entferne die letzten Scanfragmente, korrigiere Fehler und füge Details hinzu, die ich vergessen habe.

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Wenn das endlich fertig ist lege ich als erstes ein Duplikat der Ebene an. Die untere Ebene nenne ich Hintergrund und die obere Lineart. Die Lineart Ebene bleibt unberührt und dient als Notfall Backup, falls etwas ganz furchtbar falsch läuft. Sie wird auf Multiplikation geschaltet, damit alles darunterliegende sichtbar ist.

Die Hintergrundebene wird per Filter leicht aufgehellt (um etwa 20%). Anschließend füge ich mit dem Füllwerkzeug auf dieser Ebene die Rasterfolien ein. Die wichtigsten Muster habe ich in einem Ordner, jedes mit einem passenden Namen, wie z.B. "Gisiwings" oder "darkgray".

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Wenn - wie im Falle von Akshis "Haaren" eine Fläche nicht vollständig geschlossen ist zeichne ich mit hellgrün eine temporäre Linie ein. Dann fülle ich zunächst mit dem Füllwerkzeug die entstandene Fläche und dann die Linie selbst.

Wenn ich Schatten einzeichne (was ich gegen Ende nicht mehr getan habe) füge ich dazu eine neue Ebene ein, auf der ich mit Grün sämtliche Schatten einzeichne und sie anschließend mit dem Füllwerkzeug fülle und die Ebene dann ebenfalls auf "Multiplikation" stelle. (Die Farben Grün und Pink sind natürlich vollkommen willkürlich gewählt.)

Nachdem alles fertig und gespeichert ist wechsle ich hinüber zu Paint Shop Pro 8. Dieses hat das original Plugin für die How To Draw Manga Rasterfolien. (Es hat aber einen fürchterlichen Zoom und ein greusliges Textwerkzeug, weshalb ich es ansonsten nicht für meine Comics benutze.)

Hier füge ich nun sämtliche besonderen Rasterfolien ein, z.B. Verläufe für den Hintergrund, da es mit dem Plugin einfacher ist die Rasterfolien verlustfrei zu drehen, zu verkleinern und die passende Stelle der Folie auszuwählen. Im Normalfall selektiere ich die zu füllenden Flächen auf der Lineart Ebene, füge dann eine neue Ebene ein und fülle die Selektion dann per Plugin mit dem gewünschten Muster. Wenn's sein muß arbeite ich mit Lasso und Radiergummi nach, vor allem wenn auch hier Flächen nicht vollständig geschlossen waren.

Zurück in Paint Shop Pro 6 kommen als letztes nun die Texte dran. Deutsch kommt zuerst, dann dupliziere ich die Ebene und editiere die englischen Texte hinein. Das Bild wird ein letztes Mal im PSP Format gespeichert (um die Ebenen zu erhalten).

Anschließend braucht es nur wenige Minuten um die Ebenen zu verbinden, es auf 160 Graustufen zu reduzieren (eine willkürlich für mich herausgefunde Zahl, die für eine kleinere Dateigröße ohne Verlust von Schattierungen sorgt) und es als PNG zu speichern. Dann starte ich PSP6 neu weil es dabei abgestürzt ist (und ein halbes Dutzend mal vorher, vorzugsweise wenn ich gerade die letzte Textbox hinzufüge). Ich schalte die andere Sprache an und wiederhole den Prozess. Anschließend stelle ich den Thumbnail her und update das kleine Update-gif, das andere auf ihrer Website einfügen konnten.

Hochladen und fertig.

 

Hier ist ein weiteres Beispiel für eine Seite. Diese Bilder zeigen nichts wirklich neues, aber ich hatte sie früher schon mal für einen solchen Artikel gemacht und der Vorteil ist, daß ich hier die Skizzen jedesmal gescannt habe statt ein Foto zu machen. Die digitale Nachbearbeitung fehlt hier größtenteils.

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