Am nächsten Morgen ging es Jade immer noch dreckig, doch sie schleppte sich zur Arbeit und fiel nach dem wohl anstrengendsten Arbeitstag aller Zeiten ohne Abendessen ins Bett.

Am Mittwoch jedoch war es noch viel schlimmer geworden. Neben dem Kopfweh mußte sie nun auch gelegentlich husten, was jedesmal eine Dampframme in ihrem Schädel losgehen ließ, und ihre Nase war verstopft. Jade biß die Zähne zusammen und machte sich für die Arbeit fertig. Da sie keinen rechten Appetit hatte war sie viel zu früh fertig, besonders da sie früher aufgestanden war, weil sie vom Husten wach geworden war und sich nicht traute wieder ins Bett zu gehen aus Angst, dann zu verschlafen.


An Fernsehen war nicht zu denken, und auch Lesen und Gitarre spielen schienen ihr keine gute Idee zu sein. Sie ließ die Arbeitsuniform noch hängen und setzte sich im Halbdunkel der Morgendämmerung auf die Terrasse vor das Schachspiel. Konzentrieren konnte sie sich allerdings nicht, aber vielleicht würde die frische Luft ein wenig helfen. "Oh Mann, hört das denn gar nicht wieder auf?!" schimpfte sie leise und rieb sich genervt die Schläfen, als sie hinter sich ein Klopfen vernahm.

"Jade?" kam es erstaunt. Sie wandte sich halb um und sah Caleb vor ihrer Tür stehen, der verlegen wirkte. "Ich war so in Gedanken, ich habe dich gar nicht da sitzen sehen, obschon ich doch zu dir wollte", erklärte er mit einem zaghaften Lachen, das schnell einer besorgten Miene wich, als er ihren müden Blick sah. "Geht es dir immer noch nicht besser?"

"Ehrlich gesagt, nein", meinte sie müde und atmete tief ein. "Irgendwer hat einen Hammer in meinem Kopf vergessen. Wenn ich den erwische kann er was erleben... Aber was machst du so früh hier?"
"Du sahst am Montag wirklich schlecht aus und hast dich seither auch nicht mehr gemeldet, so daß ich vor der Arbeit noch vorbeischauen wollte. Ich hätte mich nur allzu gerne geirrt, was den Grund für dein Schweigen angeht."
"Mir wär's auch lieber gewesen, wenn ich mich nur in einen neuen Fantasyschmöker mit 800 Seiten verbissen und dich darüber vernachlässigt hätte, so fies es auch klingt", seufzte sie. "Leider hatte mein Kopf andere Pläne."

"Jade, so kannst du nicht in die Firma gehen. Melde dich krank." Seine Stimme war sanft, aber bestimmt, als er zu ihr herüberkam und kurz ihre Stirn berührte. Sie war glühend heiß.
Die Frau verzog das Gesicht und wandte sich ab, um zu husten. "Das kann ich doch nicht machen. Was wird dann aus meiner Arbeit? Ich habe heute zwei Termine für Kundengespräche." - "Jade, wenn es dir so schlecht geht tust du keinem einen Gefallen, indem du dich ins Büro quälst, nicht den Kollegen und Kunden, die du anstecken kannst, und am allerwenigsten dir selbst. Du scheinst Fieber zu haben, du hustest. Das ist wenigstens eine schwere Erkältung, und wenn du das nicht auskurierst wird es etwas noch schlimmeres." - "Na schön, du hast recht und gibst sonst ja doch keine Ruhe." Jade zog ihr Handy heraus und wählte mit zitternden Finger die Nummer vom Büro. "Ich sag denen, daß ihr Vorgesetzter mich im Bett sehen will."


Er grinste schwach über ihren zugegeben guten Scherz und setzte sich ihr gegenüber. So hatte er sie noch nie gesehen. Caleb war erleichtert, daß es sich um eine simple menschliche Erkrankung zu handeln schien und nicht wie befürchtet um etwas, das sie Straud zu verdanken hatte, aber gleichzeitig tat sie ihm unendlich leid. Vampire erkälteten sich nicht und wurden in der Regel überhaupt nie krank, daher konnte er sich nur sehr verschwommen daran erinnern, wie man sich in dieser Situation fühlte. Das änderte jedoch nichts an seinem Mitgefühl. Menschen waren so empfindlich, so... zerbrechlich. Er wartete geduldig, während sie Meldung machte. Warum dauerte eine Krankmeldung so lange? Hörte er das richtig? Mußte Jade sich etwa wirklich rechtfertigen? Wenn man ihr Ärger machte, weil sie krank war, würde er im Büro nachher einigen Leuten die Hölle heiß machen; so ein Verhalten war nicht tragbar. Der Vampir hörte weiter zu, wie Jade ihre Symptome erklärte und mehrmals Fragen beantwortete, bis sie endlich auflegte.
"So", seufzte sie, "das wäre erledigt."
"Was haben sie gesagt?"
"Sie haben ein wenig gemeckert, weil nun jemand meine Termine wahrnehmen muß, aber es ist in Ordnung." Sie lehnte sich im Stuhl zurück und streckte den Rücken. "Was für ein Mist. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt so krank war. Ich kann mich nicht einmal erinnern, wann ich überhaupt zuletzt krank war", murmelte sie und atmete tief ein, wodurch sie prompt wieder husten mußte.


Caleb sah sie mitfühlend an. Das wahrscheinlichste Szenario für ihn war, daß sie sich im Laufe der letzten Woche ein wenig erkältet hatte. Vielleicht hatte sie sich am Seeufer verkühlt in ihrem schulterfreien Kleid, als sie vor dem verrückten Maurice davongelaufen waren. Dann hatte sie die Krankheit verschleppt, sich mit weiteren Aktivitäten ausgelaugt und als Straud sie gebissen hatte war ihr Körper endgültig zu geschwächt und forderte nun rebellisch sein Recht auf Ruhe ein. "Kann ich etwas für dich tun? Brauchst du etwas?"
"Nein, ich gehe erstmal wieder ins Bett. Du mußt jetzt auch langsam los, oder nicht?"

Als er sich nicht von der Stelle bewegte stand sie vorsichtig auf, nahm ihn am Arm und zog. "Na los! Wie sieht es denn aus, wenn ein wichtiger Teil vom Vorstand zu spät kommt?"
"Meine Arbeit für die große Neueröffnung ist erledigt. Wenn du also Hilfe brauchst..."
"Caleb, das ist wirklich lieb von dir, aber geh bitte. Ich bin heute einfach keine gute Gesellschaft, und solange du hier bist könnte ich mich nicht ausruhen, da hätte ich ein viel zu schlechtes Gewissen dich zu vernachlässigen."

Widerwillig erhob er sich und nahm sie in die Arme. "Na gut. Aber ruf an, wenn du etwas brauchst, ja!"
"He, Vorsicht! Nicht daß du dich auch ansteckst!" protestierte sie schwach.
"Ich stecke mich mit nichts an, keine Sorge." Sein Tonfall machte klar, daß er keine Widerrede duldete. Als er die Hitze spürte, die inzwischen von ihrem ganzen Körper auszugehen schien, und fühlte, wie wenig Kraft sie in den Armen hatte, machte er sich noch mehr Sorgen. "Ich sehe später noch mal nach dir. Gute Besserung, Jade!"
"Danke, und viel Erfolg heute bei der Arbeit, Caleb!"

Sie schlurfte zurück ins Haus, zog sich um und kroch unter die Bettdecke. Ihr war immer abwechselnd heiß und kalt, in ihrem Kopf summte es und sie war so unendlich müde. Wenigstens schaffte sie es rasch einzuschlafen.

Jade verschlief fast den ganzen Tag. Sie wurde einmal wach, ging aufs Klo, machte sich ein Sandwich und legte sich nach dem Essen gleich wieder hin, als ihr Kreislauf wegsackte.

Abends ging ihr Telefon. Schlaftrunken nahm sie ab, als sie es endlich unter dem anderen Kopfkissen fand.
"Ja?"
"Jade, hier ist Caleb. Soll ich dir etwas mitbringen, wenn ich vorbeikomme?"
"Es tut mir wirklich leid, Caleb, aber komm bitte nicht."
"Warum nicht? Was ist los?"
"Um ehrlich zu sein hast du mich geweckt. Laß mich einfach weiter schlafen, ja?" Schon bei dem Gedanken nun duschen und sich anziehen zu müssen, um ihn hereinzulassen, drehte sich ihr alles.
"Na schön." Er klang unschlüssig. "Dann rufe ich morgen wieder an."
"Ist gut, Caleb. Gute Nacht, und danke."

Sims4 0055 Dreiergespann <- # -> Sims4 0057 Kopfweh beim Schach