Am Mittwoch nach der Arbeit klingelte Calebs Telefon. Rasch ging er ran, aber zu seinem Leidwesen war es nur Beryl. "Hey, Romeo! Wie geht's Dornröschen, schläft sie noch?" - "Ich weiß gerade nicht, was mehr schmerzt, deine liberale Vermengung von fiktiven Charakteren oder daß du mir schon wieder unlautere Absichten unterstellst", meinte er etwas genervt.

Beryl lachte am anderen Ende der Leitung. "Was heißt 'unlautere Absichten', ihr seid doch beide Single? Du stehst auf ihrer Veranda und würdest gerne zu ihr rein, und mir fiel nicht ein, ob der Prinz im Märchen von Rapunzel einen Namen hatte." Sie lachte noch lauter und fuhr dann fort: "Ernsthaft, du hast doch bestimmt heute schon bei Jade angerufen, oder? Geht es ihr besser? Wenn es ihr noch dreckig geht genügt es, wenn einer von uns sie ständig weckt."

"Heute morgen ging es ihr noch ihr sehr schlecht, und als ich gerade angerufen habe wollte sie mich wieder nicht sehen."
"Das ist natürlich blöd, ich konnte immer noch nicht mit ihr über Knoblauchkränze sprechen. Meinst du, dieser Mistkerl könnte sie gleich noch mal beißen?"
"Kranke Menschen schmecken fürchterlich, von daher denke ich, sie ist sicher. Auf die unbequemste Art überhaupt."
"Ugh, ihr macht tatsächlich Unterschiede beim Blut aus? Erkennst du auch Blutgruppen?"
"Entschuldige, doch Vampircuisine möchte ich nun wirklich nicht diskutieren, während meine beste Freundin mit einer solchen Krankheit ringt!"
"Nun übertreib mal nicht, sie wird weder verhungern noch im Bett sterben. Wenn sie noch ans Telefon geht ist alles im Lot."
"Im Hintergrund lief der Fernseher, also ist sie gar nicht mehr bettlägrig. Wieso will sie dann keinen Besuch?"
"Potzblitz, man kann nicht tagelang liegen! Nur weil sie mal versucht ein wenig zu entspannen und dabei etwas zu essen heißt das noch lange nicht, daß sie dabei gesehen werden will, wie sie müde, krank, ungeduscht, verschwitzt und mit laufender Nase in der Ecke herumliegt. Bist du dir sicher, daß du vor deiner Verwandlung wirklich ein Mensch warst und kein Alien?" Beryl hatte den Eindruck mit einem trotzigen Kind zu sprechen. "Ihr Vampire werdet vermutlich nicht krank, daß dich eine solche Kleinigkeit derart von der Rolle fliegen läßt, huh?"
"Das ist richtig, aber das ganze geht auch schon seit elf Tagen so!"
"Ja, und eine schwere Erkältung kann nun einmal zwei Wochen dauern! Bleibt nur zu hoffen, daß keinem von uns jemals der Blinddarm entfernt werden muß oder so etwas, sonst rastest du noch vollkommen aus vor Sorge!"
"Beryl..."

"Paß auf, Vampirchen, wenn du zuviel Energie hast und dir die Decke auf den Kopf fällt könntest du mich zum Fitneßstudio begleiten. Ich hab heute einiges zu feiern, und mir ist nach Rennen zumute! Magst du Sport?"
"Ich liebe Sport!"
"Na also! Rennen wir uns beide den Frust von der Seele!"
"Wieso Frust? Ich denke, du hast etwas zu feiern?"
"Das eine schließt das andere nicht aus, oder? Und du schiebst eindeutig Frust!"
"Na schön, welches Studio?"
"Das in Oasis Springs, in 40 Minuten?"
"Bis gleich!"




Jade Sparkle saß erschöpft vor dem Fernseher und knabberte appetitlos an ihrem Abendessen herum. Auf dem Klassikkanal lief ein Film über eine Klavierspielerin, aber sie bekam nicht viel von der Geschichte mit. Eigentlich war es ihr heute ganz gut gegangen. Zwischendurch jedenfalls. Der Husten war weg, der Schnupfen ebenfalls und sie hatte bereits ein schlechtes Gewissen gehabt, weil sie nicht zur Arbeit gegangen war, bis sie der erste Anfall von Kopfschmerzen fast im Bad umgehauen hatte. Immer wenn sie gerade dachte, daß es besser geworden sei, kamen die Schmerzen zurück.

Sie war traurig, weil sie ihre Freunde nun nicht sehen konnte, gerade nachdem sie ein Trio gebildet hatten. Nicht mal mit Beryl hatte sie sich unterhalten können nach ihrer Überraschungsattacke auf Caleb am letzten Montag, aber es stand ihr nicht der Sinn nach einem langen Telefonat. Außerdem hatte sie schwer daran zu knabbern die Szene zu vergessen, wie ihre beiden Freunde miteinander geflüstert und sich umarmt hatten. Je länger sie darüber nachgrübelte, desto überzeugter war Jade davon, daß sie gar keine Chance bei Caleb hatte. Er war zu Beryl genauso nett gewesen wie zu ihr. Das tat weh, bei jedem Nachdenken mehr.
Jade war nun ganz froh, daß Caleb ihr nur Grüße von Beryl ausgerichtet hatte, denn das Gespräch mit ihm war schon anstrengend genug gewesen und zwei Telefonate hätten sie überfordert. Als sie ihren Teller in die Küche brachte und im Kühlschrank nach Orangensaft suchen wollte kam die nächste Attacke.

"Ach, das gibt's doch gar nicht! Wo hab ich mir das bloß eingefangen?!" Sie sah in den Kühlschrank und fand nichts. Der Saft war aus. "Na prima", seufzte sie, trank ein Glas Wasser mit einer Kopfschmerztablette dazu und ging dann, von einer Ahnung getrieben, zur Haustür. Tatsächlich hing an der Türklinke eine Tüte mit neuem Orangensaft, dazu Obst und Süßigkeiten. So ging es schon seit Tagen und sie fragte sich, ob das vielleicht auf die Kappe der alles bemerkenden Summer ging oder ob ihre Freunde sich mit dem heimlichen Krankenschwesterdienst abwechselten. Dankbar nahm sie die Sachen mit in die Küche, trank ein großes Glas und schlich wieder ins Bett zurück. Vielleicht war es morgen ja endlich wieder gut.



Beryl und Caleb trafen sich vor dem etwas unglücklich benannten "Verbrennen und Pumpen" in Oasis Springs, das zu jeder Tages- und Nachtzeit gut besucht war, da die Trainer dort sehr gut waren und die Geräte ebenfalls. Nur die gemischte Umkleide sorgte ab und an für Ärger mit dem städtischen Amt, aber offenbar hatte der Betreiber kein Geld oder kein Interesse daran etwas zu ändern, und die Trainer achteten sehr darauf, daß im Studio Sitte und Anstand herrschten.
Die Frau war einfach hergejoggt und trug daher bereits ihre Sportklamotten, und nachdem auch er sich umgezogen hatte gingen sie zu den Laufbändern. "Also, Beryl, was hast du zu feiern?" wollte der Vampir wissen.

Seine Begleiterin maß ihn zunächst mit einem interessierten Blick. Sie wußte nicht, was sie erwartet hatte, aber nachdem seine Alltagskleidung so fest im Zeitalter 'Vampirchic' verankert war, hatte sie definitiv nicht damit gerechnet ihn in Motiv-Shirt und bequemen Trainingshosen zu sehen. Er war auch ungeschminkt und hatte den Schmuck abgelegt. Plötzlich fiel er gar nicht mehr auf zwischen den anderen Sportbegeisterten. Beryl riß sich von dem ungewohnten Anblick los und berichtete: "Gleich mehrere Dinge, wie angekündigt! Zum einen wurde ich erneut befördert! Ich fliege geradezu die Karriereleiter hinauf, es geht Schlag auf Schlag! Jetzt bin ich Schmiererin von Wasserfarben, und als Anerkennung für meine gute Arbeit habe ich eine fantastische neue Staffelei und einen Bonus vom Chef bekommen!"
"Glückwunsch, Beryl! Ich wußte, daß die Kunstkarriere das richtige für dich ist!"
"Ach, naja! Der Chef hat schon unter der Hand angedeutet, daß ich sehr bald noch weiter raufgestuft werde, dann wäre ich Leinwand-Kreateurin. Aber das liegt nicht nur an meinem Talent!"
"Oh bitte. Jetzt sag mir nicht, daß du ihn verführt hast für die Beförderung?" Caleb sah sie ungläubig und ein wenig angewidert an, doch die Rothaarige verzog amüsiert das Gesicht und winkte ab. "Nein, nein! Ich war in Therapie und habe sie abgeschlossen!"

Damit hatte sie ihn überrascht. "Was für eine Therapie?"
"Ich habe gelernt sorglos ans Leben heranzugehen. Seitdem ich das kann bin ich nie wieder angespannt von der Arbeit nach Hause gekommen! Es ist herrlich! Ich genieße meine Abende und gehe mit neuem Schwung in den nächsten Arbeitstag!" schwärmte Beryl und deutete ein Hula-Tänzchen an.
"Whoa!" machte der Mann und stieg aufs Laufband, auf dem er bereits das gewünschte Programm fertig eingegeben hatte. "Das klingt nach etwas, das auch für Jade und mich interessant wäre. Gib mir bei Gelegenheit bitte die Nummer deines Therapeuten!"
"Werde ich gerne tun! Es klappt wirklich! Selbst als gestern mal wieder mein Herd streikte hat mich das nicht aufgeregt, ich bin rundum zufrieden!"
"Und was ist demzufolge dein Streß?" fragte Caleb, der in einen leichten Trab fiel.
"Na, immer noch kein Kerl in Sicht! Hier sehe ich auch nichts interessanteres als dich!" Beryl zuckte mit den Schultern, drehte sich um und machte ein enttäuschtes Geräusch. "Mist, jetzt ist das Laufband nebenan besetzt. Es sieht so aus, als könnten wir erst nachher weitersprechen. Bis später!"

Der Vampir lief sein ganzes Programm durch, während Beryl zwischendurch aufgab. Die Maschine zwischen ihnen war in der Zwischenzeit frei geworden, aber bei einem Wechsel hätte sie neu anfangen müssen. Trotz dem Kung-Fu Film auf dem großen Fernseher war es ihr zu langweilig, ohne ein Gespräch auf dem Laufband zu rennen. Dann doch lieber draußen an der frischen Luft.
Sie schlenderte also zurück zu Caleb, wobei ihr Blick zufällig auf die großen Wandspiegel fiel. Sie stutzte. Der Winkel war zwar etwas komisch, aber... Sie sah sich, jedoch nicht ihn. "He, Vampirchen..." meinte sie gerade laut genug, daß er sie hören konnte. Er atmete schwer und war völlig verschwitzt, aber das war ja Sinn und Zweck des ganzen. Die Erwähnung des ungeliebten Spitznamens war ihm nur ein Heben der Augenbrauen wert.
Beryl lehnte sich etwas zu ihm hinüber. "Du hast kein Spiegelbild."
"Korrekt, und das nervt ziemlich bei der Morgentoilette, soviel kann ich dir versichern." Er lachte, wodurch er ins Straucheln geriet und sich rasch wieder aufs Rennen konzentrierte.
"Gibt es keine Probleme, wenn andere das sehen?"

Calebs Maschine gab einen Piepton von sich, um das Ende des Programms anzuzeigen, und er stieg zufrieden ab. "Im Normalfall sind die Menschen so sehr mit sich selbst beschäftigt, daß es ihnen gar nicht auffällt. Diese partielle Blindheit für Dinge, die nicht sein können, ist sehr nützlich für mein Volk, und Verdrängung wie bei Jade ist kein Einzelfall."
"Jetzt bin ich doch ein wenig froh, daß es mir nicht gelungen ist Jade bei unserem Einkaufsbummel einen Spiegel aufzuschwatzen, um ihren Flur größer aussehen zu lassen."
"Da habe ich wohl, ohne es zu wissen, Glück gehabt." Der Vampir grinste breit, und Beryl schüttelte den Kopf. "Ich glaube weiterhin nicht, daß Jade das nicht auffällt. Solche Zähne kann man doch gar nicht übersehen! Jede Wette, wenn du es ihr irgendwann sagst schaut sie dich nur cool an und sagt 'Das wußte ich doch längst, was machst du hier für einen Aufstand?'!"
"Ich hätte nichts dagegen einzuwenden. Sprichst du noch mit ihr über das Thema?"
"Sobald es ihr wieder gut geht, klar."

"Vielen Dank, Beryl! Ich wäre hier soweit fertig, und du scheinst es auch zu sein. Gehen wir duschen?"
"Zusammen?" machte sie und faßte sich gespielt schockiert an eine unsichtbare Perlenkette. "Wenn das die Trainer sehen!"
Der Vampir schüttelte nur lachend den Kopf. "Du bist unmöglich, Beryl."
"Und du siehst ungewohnt flott aus in den Klamotten, das wollte ich dir schon die ganze Zeit sagen. Die solltest du öfters tragen. Ich jogge gleich einfach zurück und hüpfe daheim unter die Dusche. Aber geh du nur, ich besorge mir einen Saft an der Bar!"


Später auf der heimischen Couch überlegte Caleb, ob er die Sache mit dem Spiegel nicht als Test nutzen konnte. Wenn er mit Jade ebenfalls ins Fitneßstudio ging und sie nichts sagte... Sie hatte selbst das Wappen auf dem Ring seiner Schwester in der Dunkelheit erkannt. Er konnte sich nicht vorstellen, daß jemandem wie ihr sein fehlendes Spiegelbild entgehen würde.
Ob es ihr langsam besser ging? Er trommelte mit den Fingern auf die Sofalehne und widerstand der Versuchung sie anzurufen. Er hatte noch Beryl und Lilith, wieso war ihm also so langweilig ohne Jade? Wenigstens würde sie inzwischen sicher den Orangensaft gefunden haben. Es beruhigte ihn, daß sie die Flasche jeden Tag brav ins Haus holte.

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Kommentare   

+1 # Eph 2018-07-07 10:32
Das letzte Foto war leider das einzige, das ich vom sportlichen Ausflug der beiden hatte, und ich mußte dort nicht nur die Kontrollen drumherum abschneiden, sondern auch mit der Maus die halbe orange Wand reinmalen, da die Wände bei diesen alten Fotos größtenteils heruntergeschal tet waren (da hatte ich noch nicht mal dran gedacht eine Geschichte zu schreiben!). Daher Entschuldigung dafür, daß das Foto so klein ist, und ich hoffe es fällt nicht ZU übel auf.

Das war der Moment, an dem mir als Spieler zum ersten Mal das fehlende Spiegelbild auffiel.
+1 # mjkj 2018-07-09 10:41
Arme Jade... sollte sie nicht mal langsam zum Arzt? :sigh:

Tja, das wäre wirklich interessant, ob Jade das fehlende Spiegelbild auffällt...

Oh, wirklich fürsorglich von Caleb - ist halt auch seine Jade ;-) :P
+1 # Eph 2019-07-03 14:04
Ihre Erkältung hat wirklich ewig gedauert, weil ich lange Zeit zu blöd war herauszufinden, wo man den Orangensaft herbekommt, und nur mit schlafen geht das nicht weg, zumal der Sim ja nicht pausenlos schlafen will.