Behutsam streichelte er der Frau über die Wange. Dann lehnte er sich vor, um sie nicht gleich durch zuviel Nähe einzuschüchtern. Seine Lippen suchten die ihren für einen behutsamen ersten Kuß. Sie zitterte und verkrampfte sich. Er strich ihr sanft die Zöpfe zurück und flüsterte nah an ihrem Gesicht: "Hoffentlich wird Melvin nicht eifersüchtig, ich habe gehört er kann neuerdings Karate."
Jade stimmte in sein Kichern ein, erst scheu, dann fester, und er spürte, wie sich ein Teil der Anspannung in ihr löste. Als sie sich wieder beruhigte nahm Caleb ihr vorsichtig die Brille ab, legte sie zur Seite und küßte Jade erneut, und diesmal erwiderte sie es neugierig. 'Schon viel besser...'

Sie lernte schnell, und sie 'übte' mit ebensolcher Hingabe wie er. Die ausgetauschten Küsse waren mal zärtlich, mal innig, sanft, zurückhaltend, kurz, lang, feucht, nur gehaucht und außer Atem, und hinterher konnte keiner von ihnen sagen, wie lange sie zusammen auf ihrem Bett gesessen und es genossen hatten. Es waren sich jedoch beide insgeheim einig, daß Üben ihnen noch nie zuvor so viel Spaß gemacht hatte. Jade blieb dabei mädchenhaft keusch und küßte nur mit den Lippen, was dem Vampir mehr als recht war. Die ganze Situation war verwirrend genug, auch ohne daß sie zu weit gingen und etwas taten, das einer von ihnen später bereuen konnte, und der Moment war ohnehin aufregend genug. Jades Lippen waren warm und weich. Irgendwann war sie ein Stück näher an ihn herangerutscht, oder war es umgekehrt gewesen? Ihre Fingerspitzen fuhren vorsichtig an Kragen und Nähten seines Hemdes entlang, während seine ihren Hals liebkosten. Sie roch so gut.
Caleb war sich nicht sicher, was er sich davon versprochen hatte seine beste Freundin zu küssen. Vermutlich gar nichts. Vielleicht war etwas Mitleid im Spiel, vielleicht auch Neugier auf seiner Seite, worauf sie hinauswollte. Mit dem Gefühl jedoch, das nun, als er ihre Lippen liebkoste, in seiner Brust aufwallte und wie warmer Sirup in jede Faser seines Körpers quoll, hatte er niemals gerechnet. Die Erfahrung spottete jeder Beschreibung, erfüllte ihn ganz und gar und war wie einer jener seltenen Momente, die so gut waren, daß man sie niemals loslassen wollte.

Jades Gedanken rasten dermaßen mit ihrem Herzschlag um die Wette, daß sie sie selbst nicht mehr verstehen konnte, so schnell und laut waren sie. Sie schwamm in einem Meer von Wärme, ließ sich darin treiben, ging unter und tauchte wieder auf. Das hier war das spannendste und allerbeste, was sie je in ihrem Leben getan hatte. Bestimmt machte sie es falsch, und sie erbebte dermaßen unter ihrem eigenen Puls, daß sie kaum noch Kontrolle über sich hatte, aber was ihr an Übung fehlte machte sie durch Elan wieder wett. So lange hatte sie sich das gewünscht, und sie war nicht sicher, ob sie immer noch nur träumte. Falls ja, dann wollte sie nie wieder aufwachen. Er war bei ihr. Endlich.

Als ihnen endgültig die Luft ausging fehlten beiden die Worte. Keiner wußte, was das ganze nun zu bedeuten hatte, was sie füreinander waren oder sein wollten, und an eine unverfängliche Unterhaltung war auch nicht zu denken. Sie saßen stumm beieinander, bis Caleb schließlich vorsichtig das Schweigen brach.
"Jade... wie lange schon?" So küßte keine Frau, die ihm lediglich an die Wäsche gehen wollte. So wenig er es auch begreifen konnte, Jade mußte etwas für ihn empfinden.
"Fast von Anfang an, vielleicht die zweite oder dritte Woche." Bei ihrem Geständnis konnte sie ihn nicht ansehen, doch er streckte erneut die Hand aus und berührte sanft ihre Wange. Jades Herz flatterte, als sie ihn über das Rauschen in ihren Ohren hinweg fragen hörte: "Wieso hast du nie etwas gesagt?"
"Weil... weil du gesagt hast, dein Flirten sei immer nur Spaß und nie ernst gemeint, und daß du dich wehren würdest gegen Avancen von mir, und weil du es gar nicht erwarten konntest, mich mit einem anderen Mann zu sehen", brach es stockend aus ihr heraus. Dicke Tränen, die sie nun nicht mehr zurückhalten konnte, kullerten ihre Wangen hinab. "Es tut mir so leid, Caleb... Glaub mir bitte, ich habe alles versucht, diese Gefühle zu unterbinden, seit Wochen. Ich dachte, wenn du mich nicht mehr anfaßt würde es nicht mehr so weh tun und ich käme endlich darüber hinweg, aber es wurde nur immer schlimmer und ich... ich konnte mir heute nicht mehr helfen. Wenn du mich jetzt nicht mehr sehen willst verstehe ich das."
"Ach, Jade... hätte ich es gewußt, hätte ich weder diese dummen Sachen gesagt, noch dich um mehr Umarmungen angebettelt." Seufzend lehnte er die Stirn gegen ihre. "Ich wollte dich beruhigen und habe dich stattdessen verletzt, weil ich nicht ahnte, was du wirklich meinst."

Wieder herrschte Stille. Er streichelte ihr sanft über den Rücken, bis sie sich wieder beruhigte, sich abwandte und sich schneuzte. Diesmal war es die junge Frau, die sich schließlich ein Herz nahm. "Und was jetzt?" Das war eine gute Frage, auf die beide bislang keine Antwort zu haben schienen.
"Ich weiß es nicht", gab er zu.
Ihr Herz sank. Der kurze Moment völligen Glücks verschwand hinter einer Tür aus Zweifel. "Möchtest du, daß ich mich von dir fernhalte, bis ich darüber hinweg bin? Vielleicht können wir später weiter Freunde sein..." fragte sie bange.
"Glaubst du, ich säße hier nur, weil es meine persönliche Mission ist Freundinnen Nachhilfe im Küssen zu geben?" tadelte er sie sanft und eine Spur ungläubig.
"Dann magst du mich auch... ein bißchen?" Sie schniefte.
"Jade..." Er nahm ihr bleiches Gesicht in beide Hände und sah sie an. "Natürlich mag ich dich! Mehr als ein bißchen! Du bist meine beste Freundin, und ich müßte lügen, wenn ich sagte, daß ich dir nicht wahnsinnig gerne nahe bin. Aber ich bin gerade... ein wenig überfordert, um ehrlich zu sein. Du bist gefühlt seit Monaten in einer unglücklichen Beziehung mit mir, von der ich nichts wußte, und ich fühle mich blindlings überrollt von tausend Gedanken. Mit deiner Zuneigung hätte ich niemals gerechnet! Ich glaube, es müssen auf beiden Seiten erst einmal in Ruhe Federkleider geglättet und die Weichen auf Anfang gestellt werden. Bitte, laß uns das langsam angehen und sehen, in welche Richtung es führt, ja?"
"Das klingt gut, aber was heißt das konkret? Ich will nicht weiter Fehler machen und dir weh tun."
"Fehler zu machen gehört dazu. Denke nicht, daß ich keine mehr machen werde, nur weil ich jetzt weiß, was in dir vorgeht! Das einzige, was ich von dir verlange, um dem hier eine reelle Chance einzuräumen, ist, daß du von nun an mit mir über das sprichst, was dich beschäftigt."
"Das verspreche ich. Aber du bist auch ehrlich zu mir, ja? Ich... ich will nicht, daß du mir etwas vorspielst, nur um mich zu schonen, wenn du am Ende nicht..."

Caleb sah die Hoffnung und das Ausmaß ihrer Gefühle in ihrem Blick und schluckte hart, als er in sich den Widerhall dieser Empfindungen spürte. Es war verrückt und konnte doch gar nicht sein...
Sein Herz verfiel in ein ängstliches Wummern, als er vorsichtig ihre Hand nahm. "Bist du dir wirklich sicher, daß du das willst?"
"Wie... Wie meinst du das? Natürlich!" Sie klang verwundert.
"Jade, ich bin... nicht einfach, ist dir das klar?"
"Das bin ich auch nicht!"
"Vielleicht nicht, aber im Vergleich zu mir... Es gibt sicher geeignetere Kandidaten für eine erste Beziehung als einen Vampir."
"Nicht für mich", sagte sie fest und sah ihm endlich direkt in die Augen. Selbst wenn das mehr als ein Tick war, selbst wenn Caleb einen Psychiater brauchte für dieses Vampirding und er es deshalb sogar in diesem intimen Moment ansprechen mußte, es störte sie nicht. Sie wollte ihn genau so, wie er war.

"Dann laß uns sehen, wohin der Weg uns führt." Erleichtert seufzte er, ehe er sie kurz an sich drückte. "Es tut mir sehr leid, daß wir ein so wichtiges Gespräch unterbrechen müssen, aber ich muß jetzt los, Jade. Eigentlich bin ich schon viel zu lange hier."
"Ist gut. Tut mir leid, daß ich dich aufgehalten habe."
"Teuerste, ich bin noch nie auf angenehmere Art und Weise von einem Termin abgehalten worden, glaube mir", beteuerte er aus tiefstem Herzen. Der Vampir erhob sich, weil er das Gefühl hatte niemals gehen zu können, wenn er sie heute auch nur noch ein weiteres Mal in den Arm nehmen würde. "Bis bald, Jade!" - "Bis dann, Caleb!"

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