"Ooooh, ich verstehe." Caleb lehnte sich im Polster zurück und setze ein lehrerhaftes Lächeln auf. "Entweder hältst du mich für sehr oberflächlich, oder du setzt deine Maßstäbe der Partnersuche als allgemeingültig an. Beides ist ein schwerer Fehler. Nur um das klarzustellen: Erstens, Jade könnte die schönste Frau der Welt sein und würde mich dennoch nicht in Versuchung führen. Zweitens, wäre ich auf der Suche nach einer Partnerin wäre deren Aussehen so gut wie irrelevant."
"Wirklich? Das glaube ich nicht."
"Beryl, jede Frau kann schön sein mit den richtigen Tricks, jede Frau ist schön, wenn die richtigen Gefühle im Spiel sind, und schöne Menschen findet man überall, wenn man nach einem kurzen Rausch sucht wie du. Natürlich muß auch die Chemie stimmen, und das Auge genießt auch sehr gern, aber Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte mit jemandem zu verbringen, der einen schlechten Charakter hat oder langweilig ist, wäre unerträglich."
"Jahrhunderte... Heißt das, du kannst Menschen zu Vampiren machen?"
"Ja, das kann ich."

"Whoa!" Beryl sah ihrem Gast an, daß er dieses Thema noch weniger mochte als die Romantik, daher ließ sie die Fragen zu Vampiren für den Moment ruhen. "Vielleicht unterstelle ich dir tatsächlich zu sehr wie ich zu sein. Zu meiner Verteidigung kann ich sagen, daß ich mir Vampire immer ein wenig anders vorgestellt habe. Was nützt denn die dunkle Verführungskunst eines Dracula, wenn sie nicht genutzt wird?"
Beide sahen sich an, und beide mußten fast zeitgleich kichern.
Der Vampir schüttelte lachend den Kopf. Was er mit seiner Verführungskunst tat war eine Sache zwischen ihm und seinem Gewissen und ging sie wirklich nichts an. "Verschone mich mit Dracula! Was ist denn mit dir? Du sagst, du hattest einen Freund. Was ist passiert, daß du jetzt keine Beziehung mehr willst?"

Sie verzog das Gesicht. "Es war ziemlich anstrengend mit ihm, und es hat sehr schlecht geendet. Am Anfang waren es nur Kleinigkeiten, Dinge, auf die ich eingegangen bin, um ihm einen Gefallen zu tun, aber irgendwann wurde es unerträglich. Er war der Meinung mir sagen zu dürfen was ich anziehe, wie ich mein Haar trage, mit wem ich befreundet sein darf und was mit meinem Lohn zu geschehen hatte, und als ich endlich Grenzen setzte meinte er mich schlagen zu können. Hat der dämlich geguckt, als ich mit einem Umzugswagen und einem Trupp Freunde vorfuhr. Und mein Geld hab ich auch mitgenommen! Nicht mit mir!" Beryl lachte trocken.
"Du hast einiges durchgemacht."
"Ach, über den Idioten komme ich schon hinweg. Das heißt nicht, daß ich nie wieder eine Beziehung haben will. Es ist nur einfach noch zu früh. Viel zu früh. Ich bin direkt von seiner Wohnung hierher gezogen, quer durchs Land. Das muß jetzt erstmal alles sacken, deshalb suche ich gerade nur nach herzhaften Snacks."
"Verstehe. Und, wie läuft es mit deinen Plänen? Ich hoffe für dich, daß ich nicht der einzige bin, auf den du es abgesehen hast, sonst wird das vermutlich nie etwas mit deiner seichten Ablenkung."
"Ich würde dich nur zu gerne mit saftigen Details aus meinem Liebesleben unterhalten, aber ich habe immer noch keins! Das wird wohl auch so bleiben, bis es im jetzigen Job runder läuft, also sieh dich vor." Sie zwinkerte schalkhaft, und er entgegnete: "Wenn du jemanden dabei haben willst, der dir die besten Bars zeigt, sag nur Bescheid. Hast du denn inzwischen mit Liberty wieder Frieden geschlossen?"
"Ha ha ha! Das ist ja ein guter Witz!" Beryl lachte übertrieben, ehe sie schlagartig ernst wurde. "Nein, ich fürchte, die Freundschaft ist vorbei. Zumindest für eine lange Zeit. Im Prinzip ist sie genauso wie mein Ex, sie hat mich nur ausgenutzt. Erzähl du mir doch mal etwas über deine Freundschaft mit dieser Jade. Ist das nicht anstrengend, mit ihr rauszugehen, wenn sie Menschenmengen nicht erträgt?"

Bei den letzten Worten hellte sich ihr Gesicht wieder auf, und Caleb nahm an, daß es sich nun um echtes Interesse handelte. Er zuckte mit den Schultern. "Sie hat einfach ebenso ihre Herausforderungen wie ich. Als wir kürzlich auf dem Flohmarkt waren..." - "Ach, sie ist doch noch mit dir hingegangen?" - "... ja. Sie hatte Angst vor den Menschen. Ich litt unter der Sonne. Wir haben es beide überlebt und das beste daraus gemacht! Der Tag war herrlich!"
"Also unterstützt ihr euch gegenseitig? Wie feuert man jemanden an, der sich in der Sonne wie ein Ei in der Pfanne fühlt?"
"Nunja, ich ziehe eher Kraft daraus sie zu beobachten und zu unterstützen."
"Das klingt sehr einseitig."
Caleb stand auf und streckte sich. "Nein, wir haben ja Unmengen von Spaß miteinander, und einen Menschen dabei zu haben ist stets ein gutes Alibi, um nicht enttarnt zu werden. Zudem scheint ihre Phobie beständig geringer zu werden. Sie weiß nicht, daß ich ein Vampir bin, daher kann ich bislang nicht auf konkrete Unterstützung von ihr hoffen."

"Wie bitte?" Beryl lachte ungläubig. "Wie kann sie das nicht wissen? Deine Zähne verraten alles, und du lachst am laufenden Band!"
"Obschon sie nicht gebissen wurde hatte sie doch ihre eigene traumatische Begegnung mit dem Grafen Straud." - "Dem Mumienkönig?" - "Eben demselben. Momentan hat sie infolgedessen naturgemäß keinen guten Eindruck von Vampiren. Ich weiß nicht, ob sie mein Wesen wirklich nicht wahrnimmt oder die Wahrheit unbewußt verdrängt, aber ich lasse sie in dem Glauben ich sei ein Mensch, bis sie von sich aus danach fragt."
"Moment! Mal angenommen, ich würde mich mit ihr anfreunden, würdest du also erwarten, daß ich auch so tue, als ob ich nicht die Wahrheit wüßte?"
"Wenn wir Freunde bleiben sollen erwarte ich das in der Tat." Der Vampir sah sie warnend an, und die Rothaarige holte weiter aus: "Aber... Wenn sie es doch weiß und nur nicht darüber sprechen mag, weil sie dann offiziell zugeben müßte Bescheid zu wissen, würde sie sich nicht auf den Arm genommen fühlen, wenn ich auch so tue als wisse ich nichts?"
"Beryl, bitte keine Haarspaltereien. Es gibt wahrhaftig genug andere Themen und kaum einen Grund, warum du dich mit ihr ausgerechnet über Vampirismus unterhalten solltest. Ich besuche dich wirklich gerne, aber wenn du Jade gegenüber auch nur eine Anspielung auf meinen Hintergrund machen solltest hast du mich zum Feind, das schwöre ich dir."
"Nicht gleich so feindselig. Ich wollte es ja nur genau wissen, aber ich verspreche dir, meinen Mund zu halten." Beryl erhob sich ebenfalls und begleitete ihren Gast bis vor die Tür.

"Es war jedenfalls nett, sich mal mit jemandem über Liebesangelegenheiten zu unterhalten. Ohne Liberty bin ich da gerade ein wenig auf dem Trockenen. Von daher danke, daß du vorbeigeschaut hast. Weißt du", meinte sie draußen, "ehe du wieder grün anläufst sollten wir eigentlich auch mal ein Foto von uns beiden machen. Unter Freunden und so."
"Sicher, gerne!" stimmte er gleich zu und stellte sich neben sie, als sie das Handy ausrichtete. Er tat sein bestes trotz des Gestanks kein verkniffenes Gesicht zu machen.
"Uuuund... lächeln! Alles klar! Was sind wir doch für ein nettes Pärchen!" - "Hast du es schon an mich weitergeleitet?" fragte er, ohne auf die Anspielung einzugehen.
"Sicher, müßte gleich bei dir ankommen. Bist du immer so unscharf?"
"Meistens! Bis dann, Beryl!"


"Klar!" Sie sah ihm nach, bis er am Ende der Straße in Schlieren aus Rauch zerfranste und blitzschnell verschwand. Dann blickte die Rothaarige auf ihr Handy. Was Caleb nicht wußte war, daß sie ihre neue Stelle erst am Samstag antreten würde. Was er ebenfalls nicht wußte war, daß sie plötzlich unbändige Lust hatte den Freitag Nachmittag joggend in Willow Creek zu verbringen.

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