Eine gute Stunde später, Lilith war mal wieder auf dem besten Weg in ihrem Zuhause in Forgotten Hollow beim Schach gegen ihn zu gewinnen, hörte seine Schwester auf mit Caleb über das Tagesgeschehen zu sprechen und fragte: "Du bist heute sehr schweigsam, Bruderherz. Ist dir etwas über die Leber gelaufen?"
"Wo du es schon ansprichst, ja", antwortete er schlicht und lehnte sich im weichen Polster seines Sessels zurück. "Doch zuvor... Gibt es bei dir nichts neues, Lilith? Hast du in letzter Zeit nichts erlebt, von dem du mir erzählen möchtest?"
"Nein, eigentlich nicht. Ich weiß schließlich, wie wenig dich Astrophysik interessiert. Außer meinen Studien war bei mir nichts los."
"Ach, tatsächlich? Ich bin gelinde gesagt erstaunt darüber, wie du in den letzten Wochen völlig unbefangen tun konntest, wo du doch meine Freundin Jade Sparkle kennengelernt hast."
"Ah." Seine Schwester sah ihn nur mit steinerner Miene an und schien sich kaum zu erinnern. "Diese Begegnung war völlig irrelevant, also wieso sollte ich sie erwähnen?"
"Daß du sie als langweiliges Pferd tituliert hast hältst du für irrelevant?" hakte er streng nach und bedachte sie mit einem düsteren Blick.
Lilith kicherte. "Du bist ja richtig aufgebracht deswegen, wie süß! Ja, mag schon sein, daß ich sie so bezeichnet habe. Warum überrascht es mich nicht, daß das Menschlein sofort mit ihrem Problem zu dir gerannt ist?"
"Sofort? Der Vorfall ist fast einen Monat her, und sie hat sich mir heute nur anvertraut, weil sie erkannt hat, daß wir zwei Geschwister sind." Er hob die Hand mit dem Siegelring, woraufhin die Vampirin fast schon anerkennend schnaubte. "Sie hat ein Auge fürs Detail, das muß ich ihr lassen. Andererseits hielt sie mich für dein Liebchen, was für eine eher geringe Intelligenz spricht."
Caleb schüttelte den Kopf. "Ich mochte es kaum glauben, aber wie ich sehe mußt du dich noch viel schlimmer verhalten haben als Jade zugeben wollte, da du keinerlei Reue zeigst."
"Reue? Wegen einem Menschen? Ich habe mich lediglich vorgestellt."

"Du hast dich vorgestellt, dabei aber vergessen zu erwähnen, daß du meine Schwester bist? Den Teil mußt du, wie es scheint, noch ein wenig üben." Seine Stimme triefte vor Sarkasmus.
"Teufel auch, mach nicht so ein Drama daraus, Bruder."
"Was wolltest du überhaupt bei ihr, wenn du dich nicht benehmen kannst?"
"Ich wollte dir nur helfen!"
"Inwiefern?"
"Ich wollte prüfen ob sie vertrauenswürdig ist, aber sie ist nur ein ganz normaler Mensch und hat genau so reagiert, wie ich es mir gedacht habe. Warum gibst du dich mit ihnen ab, Bruder? Immer wieder läßt du dich mit ihnen ein, und immer wieder wirst du enttäuscht. Diese wollte nicht mehr mit dir zu diesem dümmlichen Stadtfest gehen, kaum daß ich sie darauf angesprochen habe. Zu feige sich mit einem Vampir in der Öffentlichkeit zu zeigen, aus Angst vor der Reaktion der anderen Menschen, das sind deine Menschenfreunde! Wie kannst du irgendeine Art von Rückhalt von ihr erwarten? Sieh doch endlich ein, daß sie nur dummes Vieh sind." Aus Liliths Stimme rieselte eiskalte Verachtung und es fiel dem anderen Vampir schwer ruhig zu bleiben. "Lilith, diese Diskussion hatten wir bereits zu oft. Menschen sind genauso gut wie wir - wir waren schließlich selbst einst welche!"
"Und jetzt sind wir etwas besseres. So wie die Affen sich zum Menschen entwickelt haben, haben auch wir uns über das Tier Mensch erhoben."
"Das reicht, Lilith! Ich finde es sehr bezeichnend, daß du dich in scheinbarer Überlegenheit suhlst, während Jade versucht dir nichts nachzutragen, nur damit ich mich nicht unwohl fühlen muß."
"Meine Güte, wie sehr du an diesem Menschlein hängst! Was gibt sie dir? Das bißchen Wissen und Kultur, daß Menschen in ihrer kurzen Lebenszeit anhäufen können, vermag unsereins doch nicht zu unterhalten!"
"Sprich da bitte nur für dich, Schwester. Ich genieße das Zusammensein mit Menschen, und ganz besonders mit Jade. Nur zu deiner Information: Zum einen war sie doch mit mir bei diesem 'dümmlichen' Stadtfest. Zum anderen glaubt sie, ich sei ein Mensch, und behandelt mich daher wie einen normalen Freund."

"Was?!" Lilith saß kerzengerade in ihrem Stuhl. "Das kann nicht dein Ernst sein! Sag ihr die Wahrheit und sieh zu, wie sie dir die Tür vor der Nase zuschlägt und sich angsterfüllt im Bad versteckt."
Caleb machte seinen Zug und wurde für einen Moment still. "Das bleibt abzuwarten. In dem sehr unwahrscheinlichen Fall, daß du recht behältst, kannst du dich an meinem Unglück weiden. Du jedoch wirst mir diese Freundschaft nicht zerstören, ist das klar? Sei freundlich zu Jade und sei still darüber was wir sind, oder halte dich von ihr fern, bis ich es ihr gesagt habe."
"Oder sonst?"
"Sonst rede ich die nächsten Jahrzehnte nicht mehr mit dir, mein Wort darauf."
"Wir sind eine Familie", erinnerte sie ihn, "also was macht sie wichtiger als uns?"
"Sie tut mir gut, Lilith. Sie tut mir wahnsinnig gut, gerade weil sie ein Mensch ist. Akzeptiere es."
Die Geschwister starrten sich wortlos an, bis Lilith schließlich mit einem Schnauben den Blickkontakt brach. "Na schön. Ich halte mich von ihr fern, bis eure sogenannte 'Freundschaft' in die Brüche gegangen ist, weil sie erkannt hat was du bist."

Caleb atmete auf. Eigentlich wäre es ihm lieber gewesen, wenn Lilith sich offiziell entschuldigt hätte, aber wenn er ehrlich war glaubte er nicht daran, daß seine Schwester ihren Mund halten könnte. Im Beruf gelang es ihr sehr gut zu verheimlichen was sie wirklich war, aber im Privatleben gab sie sich keinerlei Mühe sich zu verstellen. Einerseits war das richtig so, denn niemand sollte sich verbiegen müssen für andere, doch andererseits war ihr Vampirismus in Kombination mit dem aggressiven Verhalten, das sie seit einigen Jahrzehnten immer öfter an den Tag legte, häufig sehr abschreckend für Menschen. Die Gesellschaft war noch nicht reif dafür Vampire ihrer Art flächendeckend zu akzeptieren.
Es war besser, wenn Jade erst wieder Kontakt mit ihr haben würde, wenn sie vollständig akzeptiert hatte, daß er ein Vampir war. Allerdings fragte er sich, wieviel Zeit er noch hatte darauf zu warten, nun da seine Schwester involviert war. Auf ihr Wort sich komplett herauszuhalten wollte er im Moment nicht viel geben. Vielleicht mußte er doch ein wenig offener sein und hoffen, daß Jade ihm bald auf die Schliche kommen würde. Kannten sie sich wohl lange genug, daß sie ihm vertrauen würde? Bei Beryl hatten wenige Minuten genügt, aber sie war charakterlich auch ein völlig anderes Kaliber als Jade.
Sobald das Spiel beendet war zog er sich zurück, um nachzudenken.

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