Jade sah auf die Uhr und stellte fest, daß Beryl zu Hause sein sollte, wenn sich ihre Arbeitszeiten nicht schon wieder geändert hatten. Sie entschied sich doch noch einmal rauszugehen an die frische Luft, allerdings nur hinter ihr eigenes Haus. Sie rief ihre Freundin an und hatte Glück. "Beryl! Du glaubst nicht, was mir gerade passiert ist!"

Die beiden plauderten gute 45 Minuten lang und kamen dabei zunächst von einem Thema zum anderen. Sie diskutierten Wasserleitungen, Liberty, Summers undankbare Rolle als neutraler Punkt in dem Drama, Jades Genesung, die Wundermedizin und was bei Beryl so los gewesen war in ihrer Woche. Die Rothaarige berichtete nun auch Jade von ihrer Beförderung in der Galerie. Nachdem Jade ihr dazu gratuliert hatte ließ ihre Freundin es sich aber nicht nehmen den Montag erneut anzuschneiden.

"Hör mal, Schatz, ich weiß wirklich nicht, wieso du dir Sorgen machst, ob Caleb dich mag! Für mich war das sowas von offensichtlich!"
"Daß er mich mag ist mir klar, aber mag er mich auf dieselbe Weise wie ich ihn oder nur als Freund?" fragte sie, da sie sich nicht dazu überwinden konnte ihrer Freundin zu sagen, daß sie umgekehrt das gleiche gedacht hatte.
"Machst du Witze?! Der konnte sich ja kaum von dir loseisen! Und du hast es ja nicht mitbekommen, aber er hat sich die letzten zwei Wochen an den Nägeln gekaut vor Sorge!"
"Es war doch nur eine fiese Erkältung!"
"Was denkst du, was ich ihm versucht habe klarzumachen?! Wenn ich ihn nicht aufgehalten hätte, ich denke, er hätte jede halbe Stunde angerufen oder bei dir vor der Tür gestanden!"
"Summer sagte, sie habe ihn mehrmals an der Kreuzung stehen sehen. Du bist vermutlich auch nicht der kleine Wichtel, der mir seit Tagen Saft und Obst vor die Haustür stellt, oder?"
"Oh mann, das gibt's ja nicht! Fast schon ein Wunder, daß er dich nicht noch mit Karten mit Genesungswünschen überschwemmt hat! Also, wenn du mich fragst, dann ist er nur ein bißchen vernagelt und merkt nicht, was er will."
"Aber gesagt hat er nichts, oder?"
"Nein, tut mir leid. Aber die Kerle hier scheinen alle ein wenig wunderlich zu sein!"
"Wieso meinst du das?"
"Na, ich hab plötzlich des öfteren Travis vor der Tür stehen! Weiß gar nicht, wie ich zu der Ehre komme, ich glaube, ich hatte ihn zuletzt beim Begrüßungskomitee gesehen bis zu seinem plötzlichen Sinneswandel vor etwa einer Woche. Anfangs kam er entweder mit Summer zusammen oder kurz darauf als Nachzügler, aber heute morgen kam er alleine, um ein wenig zu plaudern. Ich wußte gar nicht recht etwas mit ihm anzufangen."
"Warum das nicht? Ich sehe ihn ja auch nur seltenst, aber er scheint kein übler Typ zu sein. Wärst du denn nicht interessiert?"
"Ach, ich weiß nicht! Er ist ja intelligent und auch nicht häßlich, aber Summer und Liberty sind beide hinter ihm her. Was Liberty angeht wär's mir ja egal, aber ich mag Summer nicht in den Rücken fallen und was mit ihm anleiern. Sollte er von sich aus etwas versuchen und mich angraben, dann vielleicht."

"Oh, ich verstehe. Weißt du, seitdem ich jetzt krank war frage ich mich, ob Caleb überhaupt mit mir zusammen sein dürfte. Als er mich dazu brachte mich krank zu melden wurde mir zum ersten Mal wirklich bewußt, daß er streng genommen mein Vorgesetzter ist. Glaubst du, es könnte gegen die Firmenpolitik sein, mit einem untergeordneten Kollegen etwas anzufangen?"
"Das wäre natürlich möglich. Begegnet ihr euch denn oft in der Firma?"
"Nein, nie. Anscheinend werden wir relativ gleichzeitig befördert, so daß Caleb immer in einem anderen Gebäude arbeitet als ich."
"Das macht die Angelegenheit hoffentlich weniger problematisch. Was würdest du tun, wenn er mit dir gehen wollte, der Firmencodex es aber verbietet?"
"Ich würde sofort kündigen!"
"Wow, Jade, bist du sicher?! Schön, er ist süß, aber würdest du deshalb deine Karriere aufgeben?"
"Glaub mir, ich hänge nicht an dem Job. Um genau zu sein kann ich ihn nicht ausstehen. Caleb hingegen scheint seine Arbeit zu lieben, und er hat es bis fast an die Spitze geschafft. Das würde ich ihm nicht kaputtmachen wollen. Es gibt noch andere Bereiche, in denen ich mich versuchen kann."
"Gute Einstellung, aber wenn du mal kündigst tu es nicht nur wegen dem Mann! Ich kann nur sagen, daß ich mich in der Kunstbranche jetzt tatsächlich endlich zu Hause fühle! Ein Job, den man liebt, ist Gold wert! Sobald du die Rücklagen hast würde ich an deiner Stelle die Lage einmal überdenken, aber völlig unabhängig von Gedanken an Caleb."
"Ich denke, das werde ich tun. Ich muß dann auch mal langsam Schluß machen. Bis dann, Beryl!"
"Nein, halt, warte noch!"

"Hm? Was gibt es denn noch?" fragte Jade, die das Gefühl gehabt hatte, daß sie am Ende des Gesprächs angekommen waren.
Beryl brauchte offenbar einen Moment, um sich zu sammeln. "Ich wollte dich noch fragen, ob du nicht einen Knoblauchkranz von mir haben möchtest für deine Hauswand."
"Danke für das Angebot, aber wieso sollte ich so ein Ding wollen?"
"Nunja, es wäre eine ziemlich extravagante Deko, oder nicht? Und ich habe inzwischen ein paar zuviel geknüpft."
"Sei mir bitte nicht böse, aber das ist nicht so ganz mein Geschmack."
"Aber es ist gut gegen Krankheiten und böse Geister, Schatz!"
"Böse Geister?! Willst du mich veralbern, oder was?"
"Jade, mal ganz ehrlich... Dein Unfall neulich im Flur, das klingt genauso wie die Nacht, in der ich von einem Vampir gebissen wurde! Und mir ist nie wieder etwas passiert, seit ich den Kranz hängen habe!"
Die junge Frau starrte sprachlos ihr Handy an.

"Hallo? Hallo? Jade, bist du noch dran?" klang es mit Nachdruck aus dem Gerät.
"Ja, ich bin noch dran, aber nur um dich zu fragen, ob du mich auf den Arm nehmen willst! Vampire! Beryl, ich bitte dich!"
"Du wohnst jetzt schon vier Monate hier in der Stadt, hast du denn noch keine Vampire gesehen?! Jeder spricht doch davon!"
"Wirklich, Beryl, meine Kollegen haben so oft versucht, mich mit Vampirgeschichten hereinzulegen und zu veralbern, mach du das nicht auch noch! Ja, ich bin ein Fantasyfreak, ja, ich liebe Horrorgeschichten. Aber ich finde das trotzdem einfach nur noch ermüdend."
"Ich will dich wirklich nicht auf den Arm nehmen, mein Wort drauf!" rief Beryl, die langsam frustriert war. "Hab ich dich schon jemals angelogen oder veralbert?"
"Ich hoffe nicht! Daher frage ich mich ja auch, wieso du es jetzt tust!"
"Okay, ich versuche es noch einmal. Jade, schau einfach in die Lokalnachrichten im Internet! Wir haben Vampire in der Stadt, sie beißen Leute, und ich bin mir zu 100% sicher, daß genau das auch mit dir passiert ist. Der Typ, den du beschrieben hast, der alte Mann aus deinem Traum, ist sogar genau derselbe, der mich angegriffen hat."
"Wenn dem so sein sollte, wieso kommst du dann erst jetzt damit? Wieso hast du nicht vor zwei Wochen etwas gesagt, und wieso erfahre ich erst jetzt diese haarsträubende Geschichte, daß du angefallen wurdest?" fragte Jade verletzt. Sie konnte einfach nicht entscheiden, was sie glauben sollte.

Beryl holte tief Luft. "Du warst krank, da hab ich nichts gesagt, damit du nicht ausflippst. Und was mich angeht... das war, bevor wir uns kennenlernten. Ich hatte es schon fast vergessen, als die Sache mit dir passiert ist."
"Vergessen?! Wie kann man es vergessen, wenn man von einem Vampir gebissen wurde?!"
"Indem man einen Knoblauchkranz aufhängt und dann ganz in Ruhe schlafen kann!"
"Du läßt auch nicht locker, was?"
"Jade, selbst wenn du nicht daran glaubst und mich für total plemplem oder abergläubisch hältst - wäre es denn so schlimm, mir zuliebe einen Kranz aufzuhängen? Es würde mich sehr beruhigen, und ich glaube Caleb auch."
"Was hat denn nun wieder Caleb damit zu tun?"
"Er hat miterleben dürfen, wie durch den Wind ich nach dem Angriff war. Wir haben uns nämlich kurz danach kennengelernt."
"Du willst mir also sagen, daß Caleb auch an Vampire glaubt?"
"Ganz sicher! So ziemlich jeder in dieser Stadt glaubt an Vampire, außer dir!"
"Aha. Danke für die Info. Ich muß jetzt wirklich auflegen und ins Bett gehen, Beryl."
"Aber halt! Was ist denn nun mit dem Kranz?"
"Nein, danke, den will ich wirklich nicht."
"Wieso nicht?!"
"Wenn ich den an die Hauswand hänge glaubt jeder meiner Kollegen, der hier vorbeikommt, daß ich auf den Blödsinn reinfalle. Gäbe es wirklich Vampire hätten ja wohl alle Leute einen solchen Kranz an der Tür hängen, oder?"
"Dann häng ihn halt ins Schlafzimmer, da sieht ihn keiner außer dir!" schlug ihre Freundin vor.
Jade schnaubte. "Na super. Genau die Deko über'm Bett, die ich immer wollte!"
"Bitte, Jade!"
"Meine Güte, dann bring halt nächstes Mal einen mit, wenn es dir so wichtig ist. Oder gib ihn Caleb mit, falls du ihn noch siehst, ehe er morgen hier zu Besuch kommt."
Ein unterdrücktes Lachen drang aus dem Hörer. "Nein, Caleb kann ihn dir nicht mitbringen. Ich schicke ihn per Bote zu dir!"
"Meinetwegen. Gute Nacht, Beryl!"
"Nacht!"

Die Schwarzhaarige verzog das Gesicht und rollte mit den Augen. Sie und von einem Vampir gebissen! Wie lächerlich war das denn! Es war doch nur eine komische Erkältung gewesen. Ihre Freundin hatte einfach keine Ahnung von Horrorliteratur, von einem Vampirbiß bekam doch niemand Ausschlag oder Husten. Irgendetwas heckte Beryl aus, vielleicht sogar mit Caleb zusammen. Jade schüttelte den Kopf und ging schlafen.

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