Die Woche war quälend langsam vergangen, aber nun war es endlich Samstag Abend und kurz vor Sieben! Jade trug ihr Partykleid, war fertig herausgeputzt und beeilte sich noch eine Kleinigkeit zu essen, damit sie auf dem Fest nicht hungrig wurde. Gleichzeitig war ihr dermaßen schlecht vor Aufregung, daß sie den Gemüse-Taco kaum herunterwürgen konnte.
Sie hatte sich gerade die Zähne geputzt, als Caleb klopfte. Schon durch die Tür hindurch war zu sehen, daß er guter Laune war, vermutlich weil es bereits auf den Sonnenuntergang zuging und ihm nicht mehr die Sonne auf den Kopf brennen konnte. Wie sie hoffte freute er sich natürlich auch auf das Fest.
"Hallo, Caleb!" grüßte sie ihn und schloß die Tür hinter sich. "Ich bin gerade fertig, wir können direkt los."

"Guten Abend, Jade! Eine schöne Kette, die du da trägst." Er freute sich, wie gut sie aussah. Wenn es so kein leichtes war sie zu verkuppeln wußte er auch nicht weiter, um eine solche Frau mußten sich die Männer auf dem Fest doch reißen! Er hatte auch versucht Beryl einzuladen, um weniger den Eindruck eines Paares zu erwecken, aber sie hatte zunächst einen Lachanfall bekommen und ihm anschließend gesagt, er müsse verrückt sein zu glauben, daß sie noch einmal mit ihm dieses Fest besuche, so wie er sich beim letzten Mal benommen hätte.
Es stimmte, daß ihm das Romantikfestival ganz und gar nicht gefallen hatte, aber es würde Jade gefallen, und sie hatten schließlich eine Mission zu erfüllen.

Auf dem Weg zur neu eröffneten Straßenbahnhaltestelle, die den Weg nach San Myshuno von nun an deutlich verkürzen würde, versuchte der Vampir seine Freundin weiter aufzubauen, denn sie kam ihm sehr nervös vor, wenn auch nicht so traurig wie bei ihren letzten Treffen. "Du hast heute Make-up aufgelegt."
"Stört es dich?"
"Im Gegenteil, es gefällt mir ausgezeichnet! Die Farbe bringt deine Augen zum Strahlen."
"Danke." Sie lächelte verlegen. Als sie sich die dichten Zöpfe zurückstrich blitzten sogar Ohrringe auf. Heute fuhr sie ja wirklich schwere Geschütze auf! Caleb half ihr mit der Stufe an der Bahn, die sich unter den hohen Absätzen ihrer roten Sandalen als sehr glatt erwies, und sprang lachend nach ihr in den Zug. "Damit verdrehst du im Handumdrehen auch allen jungen Männern auf der Arbeit den Kopf! Aber bitte nicht vollends, sie sollten noch ein wenig für uns arbeiten können, ja?"
Jade lachte höflich, doch innerlich starb sie. Sie hatte nicht vor, irgendwem auf der Arbeit zu gefallen, sondern nur ihm. Nur seinetwegen hatte sie den Mut aufgebracht sich dermaßen auffällig in die Öffentlichkeit zu wagen. Wieso verstand er das nur nicht? Sie hoffte nur, daß er seinen bescheuerten Plan, ihr einen Freund auszusuchen, nicht in die Tat umsetzen wollte.


In San Myshuno angekommen mußten sie zunächst in eine andere Bahn umsteigen und dann tatsächlich mit dem Fahrstuhl aufs Festgelände hinauffahren. Das Romantikfestival fand in der Tat hoch über den Straßen der Stadt statt. San Myshuno war dermaßen überlaufen, daß die Stadtgründer versuchten jedes Flachdach irgendwie zu nutzen. Der Platz lag auf dem Dach eines gigantischen Einkaufscenters und war dermaßen groß, daß dort selbst blühende Kirschbäume wuchsen. Auch die besagte Karaokebar fand dort bequem Platz, und in alle Richtungen führten frei schwebende Fußgängerwege zu anderen Dächern, auf denen sich Parks, Gebäude und öffentliche Einrichtungen befanden. Auf dem Weg zum Festplatz sah Jade vorsichtig in die Tiefe. Ihr wäre fast schwindelig geworden. Unter ihnen waren Autobahnen und Werbetafeln, und um den Platz herum schraubten sich noch höhere Gebäude in den Himmel hinauf.


Als sie auf dem Festival ankamen dunkelte es langsam und die Laternen waren bereits angeschaltet. Der gesamte Festbereich war in sanftes Licht getaucht, das sich positiv abhob von den Flutscheinwerfern und grellen Neonreklamen der restlichen Stadt. Der Boden war vielerorts mit Kirschblüten- und Rosenblättern übersät und Lautsprecher spielten eine dezente, romantische Melodie. Die Stimmung war unbeschreiblich, und in der Luft lag der liebliche Duft der Rosen.


"Da wären wir also auf dem von dir heiß ersehnten Romantikfestival", meinte Caleb grinsend und beobachtete Jade. "Ist es so, wie du es dir vorgestellt hast?"
"Noch viel besser! Ist das schön!" schwärmte sie und rang die Hände, während sie sich umsah. "Die Laternen sind noch gar nicht richtig an, oder?"
"Lange wird es sicher nicht mehr dauern. Was möchtest du dir zuerst anschauen?" fragte er.
"Das dort vorne. Was ist das für ein Bogen?" Sie trat auf einen hölzernen Bogen zu, der schneeweiß gestrichen und mit Blüten dekoriert war. Ein daran angebrachter Lautsprecher ergoß mehr romantische Musik über vorbeigehende Festbesucher. Widerwillig folgte Caleb ihr und zog eine Grimasse "Das ist ein Hochzeitsbogen, unter dem schnell Entschlossene direkt hier heiraten können."
"Heiraten?!" rief sie überrascht aus und bekam große Augen.
"In der Tat. Beryl und ich haben vor einigen Wochen sogar zwei Verrückte gesehen, die den Bund hier geschlossen haben und laut hinausposaunten, sich erst an jenem Abend hier getroffen zu haben. Es würde mich sehr wundern, wenn sie heute noch verheiratet wären." Seine Stimme zeigte deutliches Desinteresse, und Jade trat noch näher an den Bogen heran. "Verabscheust du heiraten so sehr?" fragte sie traurig.
"Keineswegs. Der Bogen an sich ist wunderschön und ein mächtiges Symbol. Nur habe ich kein Verständnis für jene, die sich nach einigen Stunden netten Poussierens gleich hier binden, nachdem sie ihre Verlobung mit einem Kleinod aus dem Kaugummiautomaten gefeiert haben."
"Aber es kommt doch nicht auf einen teuren Ring und eine große Feier an, sondern auf das Gefühl!"
"In dem Punkt stimme ich vollständig mit dir überein, doch die Gefühle hier sind einfach nicht echt. Eine mögliche Liebschaft hier anzustoßen ist eine Sache, doch jemanden zu heiraten, den man gar nicht kennt, ist an Dummheit kaum zu überbieten."
"Aw, dann können wir wohl heute auch nicht heiraten, wie?" fragte sie mit einem schelmischen Grinsen.
Der Vampir grinste zurück. Auch wenn er es hier nicht mochte, sie schien endlich wieder gute Laune zu haben. "Reden wir nach ein paar Drinks noch mal darüber", scherzte er.


Die junge Frau konnte nicht anders als zu lächeln. Als sie den Bogen aus weißem Holz betrachtete regte sich ihre Fantasie und ließ in ihr wunderbare Bilder aufsteigen. Sie selbst in einem herrlichen weißen Kleid, mit Spitze und einem Schleier, und er... ja, was würde Caleb wohl auf seiner Hochzeit tragen? Sie konnte ihn sich gar nicht anders vorstellen als in seinem altmodischen Jackett.
Sie kicherte verschämt über ihre wilden Gedanken. Caleb heiraten! Das war wohl etwas vorschnell. "Oje, jetzt habe ich mich doch glatt wieder in mir selbst verloren...", begann sie und drehte sich zu ihm um, doch ihr Begleiter war weg. "Was...?" Verwirrt sah sie sich um und entdeckte ihn bei einigen Staffeleien, an denen sich Hobbyisten an romantischen Gemälden versuchten.

"Ich könnte dich malen, wenn du mir Modell stehen willst, mein Hübscher!" sagte eine Frau soeben zu Caleb, als sie dazu trat. Er lehnte dankend ab und wandte sich Jade zu. "Hast du den Bogen lange genug in Augenschein genommen?" Obwohl seine Stimme freundlich war ließ sich leicht herauslesen, daß er mit dieser Attraktion einfach nichts anfangen konnte, daher lächelte seine Begleiterin nur. "Ja, danke. Ich hatte dich gerade schon verloren!"
"So leicht verliert man mich nicht, Teuerste. Ich prüfe lediglich das Angebot hier. Was hältst du von dem jungen Mann dort an der Staffelei?"
"Ich hoffe, daß er das nicht als Beruf machen möchte", blockte Jade nach einem kurzen Blick auf die grünen Herzen und gelben Wolken, die besagter Mann auf die Leinwand pinselte, jede weitere Diskussion über ihn ab.
Caleb lenkte ein. "Nun gut. Was möchtest du als nächstes tun?"
"Was ist das da hinten für ein Getränk in der Sprudelfontäne?"
Der Vampir seufzte. "Das ist der Sakura Tee, mit dem man auf dieses Fest anstößt."
Sie wunderte sich über den erneuten Widerwillen in seiner Stimme. Mochte er auch diesen Teil des Festes nicht? "Wollen wir ihn dann nicht trinken?"
"Wenn du unbedingt willst, dann meinetwegen. Aber sei gewarnt - er baut massiv die Hemmung zum Flirten ab, und außerdem beginnt man davon zu leuchten."

Jade schnappte leise nach Luft. Ein Tee, der Hemmungen abbaute? Das klang genau nach dem, was sie jetzt brauchte! Allerdings... "Man leuchtet davon?!"
"Schau doch hin. Viele hier leuchten in einem rosafarbenen Schein. Das ist der Tee, als Zeichen dafür, daß man Single ist."
"Das muß ich einfach probieren, es klingt total spannend!" jubelte die Schwarzhaarige und konnte ihr Glück kaum fassen. Vielleicht würde ihr der Tee endlich den Mut geben ihm ihre Gefühle zu gestehen? Sie schlenderte betont lässig zu der Fontäne hinüber.

Caleb seufzte und folgte ihr widerstrebend. Auf dem Spaßfestival hatte er die gepanschten Tees lustig gefunden, aber die Atmosphäre dieses Festes mißfiel ihm einfach. Es hatte etwas orgiastisches an sich, wenn jeder sich diese Droge zuführte und gleich darauf in einen Liebesrausch verfiel. Das war so unecht. Zwar würden Jades Chancen auf eine romantische Begegnung mit dem Tee steigen, aber er hätte es vorgezogen mit ihr auf reguläre, altmodische Art neue Leute kennenzulernen. Waren nicht ohnehin alle hier, um jemanden zu finden? Nun gut, alle außer ihm. Aber er wäre als Schützenhilfe und Leibwächter nicht nötig, wenn nicht alle mit fragwürdigem Liebestee vollgepumpt wären, da biß sich also die Katze selbst in den Schwanz.


Er sah zu, wie Jade kichernd ein Glas füllte. Plötzlich zögerte sie und sah ihn an. "Was ist mit dir? Trinkst du nicht mit?"
"Ich verzichte dankend."
"Aaaach." Sie sah maßlos enttäuscht aus. "Ich hatte mich so darauf gefreut dich leuchten zu sehen. Dann will ich auch nicht mehr, alleine ist mir das zu doof." Sie sah sich nach jemandem um, dem sie ihr Getränk vermachen konnte, doch alle Umstehenden hatten bereits eins. Der Vampir seufzte. "Nun gut, wenn es dir dermaßen wichtig ist, trinke ich einen Schluck mit." - "Das mußt du nicht mir zuliebe tun, wir finden auch etwas anderes, das lustig ist."
"Nein, schon gut. Ich habe dich eingeladen, also mache ich auch alles mit, was du möchtest." Außerdem sollte sie hier jemanden finden, also war es wohl besser, wenn sie trank. Er seufzte, und sie hielt ihm ihr Glas hin, das er widerstrebend annahm. Ein halbes wäre ihm lieber gewesen. Während sie ein frisches für sich füllte fragte er sich, ob das gut oder schlecht war. Einerseits würde man sie mit ein wenig Glück für ein Paar halten und er selbst würde nicht übermäßig von fremden Damen angeflirtet, doch andererseits war es dem Plan enorm abträglich, wenn man sie für ein Paar hielt. Nachdem er ihr zugeprostet hatte nippten beide an ihren Getränken.


Die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. "Caleb, du leuchtest wirklich! Das ist total süß!" quietschte Jade entzückt und giggelte.
Eine Frau mit langem roten Haar, das sie in einem strengen Pferdeschwanz trug, mischte sich lächelnd ein. "Du fängst auch schon an zu leuchten, Schätzchen!"
Die Schwarzhaarige schaute sich ihre Hände an. Tatsächlich ging bereits ein leichtes Glühen von ihnen aus. "Das ist der Wahnsinn! Wie machen die das?!"
"Pinkes Plutonium!" scherzte einer der Männer, die sich ebenfalls gerade an der Fontäne bedienten.
Caleb sah seine Freundin an, die sich nach wenigen Schlucken des Tees bereits zu entspannen begann, fröhlich kicherte und mit den Umstehenden einige Worte wechselte, und spürte etwas seltsames in sich, das nichts mit dem Sakura Tee zu tun hatte. Er versuchte sie sich mit einem Freund an der Seite vorzustellen, und der Gedanke, ihre Aufmerksamkeit und ihr Lachen mit jemandem zu teilen, gefiel ihm plötzlich gar nicht mehr. Eine vollkommen irrationale Eifersucht ergriff von ihm Besitz. 
'Du warst doch sonst nie jemand, der klammerte, Caleb. Sie ist eine schöne junge Frau. Du kannst nicht von ihr erwarten, daß sie eine einsame alte Jungfer wird, nur damit sie dich bespaßen kann, wann immer dir langweilig ist. Sei nicht so selbstsüchtig.'
Nachdem sie nun plötzlich unbefangen plaudern konnte war es wohl doch eine gute Idee gewesen, daß sie von dem Tee getrunken hatte. Der Vampir war sich bei genauer Betrachtung der Lage nämlich gar nicht sicher, ob Jade überhaupt viel Erfahrung im Flirten hatte. Hatte sie schon einmal über einen früheren Freund gesprochen? Nicht ihm gegenüber.
Er besah sich die beiden Männer, die mit ihnen am Tisch standen, genauer und kam zu dem Schluß, daß sie vermutlich nicht Jades Vorstellung von einem Traumprinz entsprachen. Beide waren sehr langweilig gekleidet und hatten kurz geschnittene Allerweltsfrisuren, was ganz und gar nicht den Charakteren entsprach, die seine Freundin in Filmen oder Büchern zum Schwärmen brachten. Hoffentlich waren ihre charakterlichen Stärken in der Lage den schwachen optischen Eindruck wett zu machen.

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