Am frühen Sonntag Vormittag war Thilo ausnahmsweise mal wieder im 'Verbrennen und Pumpen', um ein wenig auf dem Laufband zu trainieren. Nebenbei hielt er die Augen offen nach neuem Material für seine Sketche, aber bislang war das Fitneßcenter eher mäßig gut besucht und bat ihm nicht viel sehenswertes. So trottete er eher lustlos vor sich hin und hatte Zeit, über seine Beziehung mit Beryl nachzudenken, beziehungsweise über die Ermangelung einer solchen. Bei ihren letzten Stelldicheins hatte er sie bewußt nicht erneut darauf angesprochen, aber es nagte an ihm, daß sie auch nach seiner zweiten Nachfrage vor kurzem offenbar keine Anstalten machte ihn mit ihren Freunden bekannt zu machen, obwohl sie es versprochen hatte.

Lange würde er das nicht mehr hinnehmen, und er fragte sich ernsthaft, was ihr Problem war. Daß er sie nie zu einem Date überreden konnte war schlimm genug, und ihre radikal konträren Arbeitszeiten machten das Unterfangen auch zugegebenermaßen sehr schwierig, aber angeblich waren sie doch Freunde, und er erwartete bislang gar nicht mehr, als ihre anderen Freunde mal zu treffen. 'Wieso ist das so ein Problem für sie? Will sie mich doch komplett abschießen und dann nichts mehr mit mir zu tun haben?' fragte er sich betrübt.

Wenn sich nicht bald etwas änderte würde er die Beziehung abbrechen. Ja, der Sex war wirklich gut, aber er verliebte sich immer mehr in sie und wollte ganz einfach mehr. Sicher konnte er nicht erzwingen, daß sie diese Gefühle erwiderte, und noch gab er die Hoffnung nicht auf, daß Beryl nur gestreßt von der Arbeit war und doch mehr für ihn empfand. Aber sollte sie weiterhin so desinteressiert bleiben, dann wollte er nicht mehr mit ihr schlafen und ständig daran erinnert werden, daß er nur eine halbe Beziehung hatte.
In der letzten Zeit war er ohnehin mehr Kummerkissen für sie gewesen als etwas anderes. Der Skandal mit ihrem geförderten Schützling war nicht unbemerkt an ihm vorbeigezogen, und als er sie darauf angesprochen hatte hatte die Malerin sich alles von der Seele geredet. Tagelang hatte sie darüber gesprochen, selbst als die Polizeiwache schon wieder sauber war und die Klatschpresse sich auf das nächste Opfer gestürzt hatte. Thilo merkte, wie sehr der Vorfall an Beryl nagte, und daß es ihrer Karriere geschadet hatte. Er hatte ihr geduldig zugehört, sie getröstet, war mit ihr wütend geworden und hatte nicht einen Witz über die ganze Sache gemacht, so schwer es ihm auch gefallen war. Nun fragte er sich allerdings, wo denn der Unterschied sein sollte zwischen einer Freundschaft mit gewissen Vorzügen und einer Beziehung, wenn er sich dieselben Probleme anhören durfte wie ein langjähriger Partner. Wenn sie sich ihm nahe genug fühlte, um mit ihm über Probleme zu sprechen, wieso war es dann zuviel verlangt mal zusammen auszugehen - wenigstens ins Kino? Oder nicht das Gesicht zu verziehen, wenn er ihr sagte wie gern er Zeit mir ihr verbrachte? Diese Frau war unglaublich verwirrend!

Etwas rosafarbenes erschien am Rande seines Blickfelds. Der Komiker sah zunächst flüchtig, dann genauer hin, als eine Blondine mit einem akkurat geflochtenen Zopf und in einem rosa Jogginganzug das Gerät neben ihm besetzte.
'Hm. Die kommt mir irgendwie bekannt vor', dachte er und musterte sie nachdenklich. 'Eine Kollegin? Nein, dann hätte sie gegrüßt. Von wo kenne ich die?'
Der junge Mann überlegte noch etwas länger, bis es ihm wie Schuppen von den Augen fiel. 'Jetzt weiß ich’s! Die geht doch manchmal bei Beryl ein und aus, oder?'

Er beschloß, einfach näheres herauszufinden. Wenn Beryl ihn nicht bekannt machen wollte mußte er es halt selbst versuchen. Außerdem hatte er außerhalb der Arbeit ohnehin noch keine Freunde, und vielleicht war es an der Zeit das zu ändern. Und sei es nur, um Beryl dann umgekehrt mit seiner Clique bekannt zu machen!

"Hi!" grüßte er fröhlich und winkte der Frau neben sich zu, als sie ihm überrascht den Kopf zuwandte. "Ähm... Hallo?"
"Heute ist es echt zu schwül, um draußen zu joggen, huh? Man schmilzt schon morgens wie ein Stück Butter."
"Das ist wohl wahr, zumindest hier in Oasis Springs. Verzeihung... Kennen wir uns?"
"Ich bin nicht sicher! Sehe ich dich nicht manchmal mit Beryl vor ihrem Haus plaudern?"
"Meinst du etwa Beryl Landon? Ja, das ist richtig. Wieso?" Sie lachte fröhlich.
"Ach, wie gut, daß meine Gucker noch korrekt ihren Dienst tun! Ich bin Beryls Nachbar von gegenüber, Thilo Brighton. Entschuldige bitte, daß ich dich einfach so anquatsche! Ich wohne noch nicht sehr lange dort und versuche noch mich zurechtzufinden."
"In dem Trailer? Oh, wie nett! Ich bin Summer! Freut mich, Thilo!" Als die Blondine merkte, daß ihr Trainingsnachbar offenbar nur Anschluß suchte und kein dummer Anmachspruch kam, entspannte sich Summer und wurde neugierig.
"Ja, freut mich auch! Wohnst du denn auch in unserem Viertel? Ich kenne noch nicht viele Nachbarn, weißt du."
"Nein, das tut mir leid! Ich lebe mit meinen Freunden in einer WG in Willow Creek! Aber ich bin gerne hier im Fitnesstudio und besuche dann oft auch kurz Beryl. Wir sind Freundinnen."
"Ja, wir auch! Äh, ich meine Beryl und mich - nicht daß ich was dagegen hätte, wenn wir auch welche würden!"
"Freundinnen?" kicherte Summer.

Der Blondschopf demonstrierte ihr prompt, wie gut er Stimmen nachmachen konnte, auch weibliche. "Meine Tupperparties sind legendär und ich liebe Willow Creek, also wieso nicht?!" zwitscherte er, ehe er zu seiner normalen Stimmlage zurückkehrte. "Ich bin Komiker und komme daher viel herum, auch in eurem Nachtclub. Und ich sehe Beryl auch recht regelmäßig. Vielleicht hat sie mich mal erwähnt?"
"Nein, ich fürchte nicht." Als die junge Frau die Enttäuschung im Gesicht ihres Gegenübers sah fügte sie hinzu: "Wir unterhalten uns aber auch fast ausschließlich über Rezepte und Kochen. Ich bin in der Gastronomie, weißt du."
"Ach, habt ihr im gleichen Betrieb gearbeitet? Sie war doch auch mal in einem Bistro angestellt, wenn ich nicht irre."
"Ja, wir waren Kollegen, aber wir kannten uns schon vorher."
"Cool!"

Thilo ließ das Programm auslaufen und stieg ab. "Das reicht mir für heute mit der Rennerei. Da will ich doch lieber nachher in San Myshuno noch ein paar Körbe werfen, das macht mehr Spaß!"
Summer gesellte sich zu ihm und rief begeistert: "Du spielst Basketball? Das liebe ich auch!"
"Hey, super! Wir sollten mal zusammen spielen! Doppelte Menge Leute, doppelter Spaß! Spielt der Rest deiner WG auch?"
"Nein, die beiden sind sozusagen allergisch gegen Sport! Wenn ich auch nur versuche, mir Travis oder Liberty beim Basketball vorzustellen..." Sie rollte mit den Augen. "Von mir aus sehr gerne! Alleine ist es mir immer zu langweilig in San Myshuno!"
"Und ich hab dort ständig Zeit totzuschlagen vor meinen Auftritten. Das klingt doch wie ein Plan!"
"Super!"

Thilo überlegte kurz. Ihm war ein Gedanke durch den Kopf geschossen und gleich wieder entfallen... Ach ja! "Sag mal, Summer, du hast da gerade einen Travis erwähnt. Das ist nicht zufällig so ein dunkelblonder Geek in Space Ninja Undercover Mission, oder?"
"Ach, du meine Güte!" Summer lachte herzhaft. "Das klingt tatsächlich sehr nach meinem Mitbewohner! Space Ninja? Das hatte er also in der geheimnisvollen Tüte, als er zur GeekCon gegangen ist!"
"Au wei, ich hab seine Tarnung auffliegen lassen! Was wird der Generalstab nur dazu sagen!" Der Komiker schlug in übertriebener Panik die Hände vor den Mund.
"Ha ha, schon gut! Ich weiß, daß er Cosplay mag, auch wenn er es vor mir verstecken will. Kennst du ihn gut?"
"Das nun nicht gerade, ich hab ihn auf der GeekCon getroffen und mit ihm etwas über sein Kostüm geplaudert, weil es mein erster Besuch da war. Mich wundert nur gerade, wie klein die Welt doch ist!"
"Allerdings! Kennst du Liberty etwa auch?"
"Wenn du den Namen etwas zänkischer aussprichst könnte es die sein, über die Beryl so häufig schimpft", machte er unangenehm berührt und hoffte, damit nicht in ein Fettnäpfchen zu treten.

Die Blondine seufzte. "Immer noch? Die beiden haben sich doch schon seit Monaten nicht mehr gesprochen!"
"Tja... andererseits ist diese Liberty aber auch die einzige Person, die Beryl mir gegenüber namentlich erwähnt, was es schon fast wieder zu einer großen Ehre macht, oder?"
Summer lachte angesichts dieser Schlußfolgerung. Sie mochte die offene Art ihres neuen Bekannten. Er wirkte ehrlich und war sehr lustig, und er wußte zu viel über Beryl, um nicht ihr Freund zu sein. "Mag sein! Ich muß jetzt auch los, aber gib mir doch deine Handynummer! Dann sprechen wir uns mal ab für ein kleines Match in San Myshuno!"
"Einverstanden!"

Die beiden tauschten ihre Nummern aus und verabschiedeten sich voneinander. Thilos Tag hatte unerwartet eine überaus positive Wendung genommen. Während er nach Hause schlenderte sah er sich auf dem Handy das Selfie mit Travis an. Er hatte ganz vergessen, es Beryl zu zeigen, und nun war er sogar froh darüber. Wenn Beryl mit Summer befreundet und mit Liberty verfeindet war kannte sie diesen Typ doch sicher auch. Der Komiker würde nicht so dreist sein zu versuchen Kontakt aufzunehmen, aber er würde die Augen offen halten und die eine oder andere GeekCon besuchen. Vielleicht lief er dem Geek ja erneut über den Weg und würde die Bekanntschaft vertiefen können.

Ob das wohl Beryls beste Freunde waren? Er hätte Summer gerne gefragt, aber das wäre nicht gut angekommen. Es war besser, sich mit ihr tatsächlich zu einer spaßigen Partie Basketball - oder auch mehreren - zu treffen und dabei mehr zu erfahren. Eventuell überlappte sich Summers Bekanntenkreis ohnehin mit Beryls und er würde so noch weitere Freunde von ihr treffen.

Zunächst stapelte er seine Hoffnungen jedoch nicht zu hoch. Ihre Pläne für einen Sportreff konnten immer noch ins Wasser fallen, wenn die Frau einen Rückzieher machte, weil es ihr bei genauer Betrachtung unangenehm war mit einem fast fremden Mann abzuhängen. Verheiratet war sie nicht, sonst wäre sie wohl nicht in einer WG, aber sie könnte immerhin einen eifersüchtigen Freund haben.
"Na, dann soll der mitspielen! Je mehr, desto besser!"
Dieser hypothetische Freund bräuchte sich keine Sorgen zu machen. Summer war nicht sein Typ, und er zerstörte auch keine Beziehungen. Doch immerhin hatte Thilo die Blondine als sympathisch empfunden. Sie etwas besser kennenzulernen war daher keinesfalls verkehrt, und vielleicht sogar regelmäßig mit jemandem ein paar Körbe werfen zu können wäre tausendmal besser als es ständig allein zu tun.
Der Tag hatte wirklich vielversprechend angefangen, und Thilo pfiff ein fröhliches Lied auf dem Nachhauseweg.

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