Es war nach 21 Uhr, als Jade ihre Haustür aufschloß und mit Caleb in den Flur trat. "Tut mir echt leid, daß ich erst auf den letzten Drücker am Kino ankam und wir vor dem Film nicht reden konnten! Hätte ich geahnt, daß es gerade heute so ein Verkehrschaos geben würde, hätte ich einen anderen Termin vorgeschlagen oder wäre früher losgegangen!" entschuldigte sie sich zum Gesprächsauftakt ein zweites Mal.
"Schon gut, ich habe das Chaos im Busverkehr ja soeben selbst miterlebt", meinte der Vampir, der sich immer noch etwas zerknautscht fühlte, gutmütig. In der Tat war bedingt durch eine unerwartete Straßensperrung der Busverkehr so eingeschränkt gewesen, daß die wenigen Busse mit gehöriger Verspätung fuhren und zudem völlig überlaufen waren. Sie hatten sich während der Rückfahrt in dem Gedränge nicht einmal unterhalten können, und auch wenn Caleb zunächst gereizt gewesen war, weil Jade erst zum Kino gehetzt kam, als bereits Einlaß war, hatte er seine schlechte Laune während des Films doch vergessen und ihr hinterher angesichts der Fakten endgültig verziehen. Sie war nicht absichtlich zu spät gekommen, um ihm auszuweichen. Trotzdem wünschte er sich, sie hätten für den Rückweg ein Taxi genommen. Das wäre zwar nicht unbedingt schneller gewesen und deutlich teurer, aber unvergleichlich bequemer.

"Ich weiß es sehr zu schätzen, daß du trotzdem noch mit hergekommen bist, um über den Film zu diskutieren. Jetzt mußt du nachher noch mal durch den Verkehr, du Ärmster!"
"Das macht nichts." Er würde nicht den Bus nehmen, sondern seine Rauchgestalt zum Heimfliegen nutzen, aber das wollte er heute nicht thematisieren.
Caleb betrachtete seine Freundin von hinten. Sie war wie ausgewechselt. Freundlich, lustig und wieder in ihrem Schlabberpulli unterwegs. Das kam ihm spanisch vor.

"Jade... wollen wir noch über gestern reden?" fragte er vorsichtig.
Sie wandte sich zu ihm um, und Traurigkeit stieg in ihrem Blick auf. Trotzdem lächelte sie tapfer. "Müssen wir das wirklich? Wenn du willst entschuldige ich mich natürlich, so oft du möchtest. Es tut mir leid, was ich auf der Veranda gesagt habe. Mir tut alles leid, was ich gestern gesagt habe."
"Du bist wahrlich nicht die einzige, die sich schlecht benommen hat. Mir tut es auch leid, daß ich dir das Fest verdorben habe!"
"Nein, ich... ich hab es mir ja auch selbst verdorben. Ich war dermaßen weggetreten von dem Tee... Es war bestimmt nicht einfach auf mich aufzupassen."
"Ach was."
"Trotzdem, danke, Caleb. Ich hatte Glück, daß ich mit dir dort war. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, ich hätte den Tee nicht getrunken, zumindest nicht das zweite Glas."
Er seufzte. "Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, ich hätte dir im Blauen Samt besser zugehört. Hast du mir gesagt, daß du nicht verkuppelt werden wolltest?"
"Nein, ich war zu feige." Sie sah betreten zu Boden. "Das tut mir auch leid."
"Schon gut. Ich hätte nachhaken können, ob du das wirklich möchtest", versuchte er die Schuld auf sich umzulenken.
"Du bist ein feiner Kerl, Caleb. Wirklich."
Einen Moment lang sah es so aus, als wolle sie ihn umarmen, und er wünschte es sich sehr. Dann jedoch drückte sie nur kurz sanft seine Hand. "Wenn es dir auch recht ist, dann laß uns den gestrigen Abend einfach komplett vergessen und über den Film reden."

'Wenn es nur so einfach wäre...', dachte er. Es könnte gerade wieder so gut zwischen ihnen laufen, aber das Flirtverbot machte alles zunichte. Eine Sekunde lang konnte er die beiden Spinner mit der Blitzheirat auf dem Romantikfestival plötzlich verstehen. 'Hätte ich Jade spontan geheiratet könnte ich bis zur Scheidung mit ihr scherzen, so viel ich wollte.' Stattdessen mußte er nun jedes Wort auf die Goldwaage legen, um nichts unbedachtes zu sagen, und das unterbrach ständig den Gesprächsfluß. Es half nichts, er mußte sich zusammenreißen. Es war ja auch gut für ihn. Irgendwie.

"Der Endkampf gegen den Drachen war ja wohl der Wahnsinn!" rief Jade begeistert. "Am besten hat mir fast der Zwerg gefallen, der hatte tolle Sprüche drauf! Aber die Bogenschützin und der Ritter waren der Oberhammer!" Sie zog die Stirn kraus. "Allerdings kann ich mich nicht erinnern, daß sie auch im Roman so sehr füreinander schwärmten."
"Ich auch nicht. Das war vermutlich kreative Freiheit, um den Film spannender zu machen."
"Na, da hatten wir ja Glück, daß sie die Schützin nicht mit dem Zwerg verkuppelt haben!"
"Oder der Zwerg eine Affinität für Drachen entwickelt hat! Immerhin mögen beide Gold und Geschmeide!"
"Na, daraus hätten sie einen echt ungewöhnlichen zweiten Teil machen können!" Die junge Frau konnte es sich bildlich vorstellen, und Caleb meinte: "Daß es einen zweiten Teil geben wird ist natürlich vollkommen absehbar bei dem Ende! Vielleicht heißt das, daß zuvor noch ein Roman als Nachfolger erscheinen wird? Ich würde gerne noch mehr Abenteuer des Ritters lesen! Arkanus ist ein sehr überzeugender Charakter."
"Aber nur, wenn das Pferd auch wieder mit von der Partie ist!"
"Der Pegasus, du erinnerst dich, daß es von der Zauberin Flügel bekam?"
"Klare Sache! In der Szene hat das Pferd alle anderen an die Wand gespielt!"

Sie lachten, ehe Jade fragte: "Wie gefiel dir die Darstellerin der Schützin? Hast du sie dir so vorgestellt?"
"Doch, schon. Sie hat sehr überzeugend gespielt, und sie sah auch blendend aus, vor allem in dem blauen Samtkleid am Schluß, aber sie war nicht so schön wie d..." Er bemerkte Jades warnenden Blick und bekam gerade noch die Kurve. "... wie die Zauberin mit den Katzenohren."
"Whoa, du stehst auf Furries? Na, das ist mal interessant!" Sie lachte befreit, und er warf die Hände in die Luft.
"Vielleicht war ich im letzten Leben ein Kater, wer weiß das schon?!"

Gerade wollte er einen Witz darüber machen, daß sie sich einen entsprechenden Haarreifen mit Katzenohren zulegen könnte, als er sich wieder stoppte und auf die Lippen biß. Caleb runzelte die Stirn. Ihm war nie zuvor aufgefallen, wie viele Sprüche dieser Art er von sich gab, bis jetzt, wo er sie sich verkneifen mußte. Zwar hatte Jade ihm die Witze nicht direkt untersagt, aber die Wahrscheinlichkeit, daß ihm dabei auch ein Kompliment herausrutschte, wie es gerade eben fast geschehen war, war zu hoch. Außerdem hätte er es als Jades fester Freund auch nicht gerne gehört, daß sie auf diese Weise mit anderen Männern scherzte. Auf keinen Fall wollte er der untragbare Freund werden, der nur mit Singles abhängen durfte.
Daher schlug er eine andere Richtung ein und meinte: "Eine Katzenfrau ist zumindest ein ungewöhnlicher Charakter! Schön, daß sie nicht herausgeschrieben wurde, so wie das Hausschwein des Zwergs."
"Ich fand sie auch super süß! Allerdings hatte ich sie mir beim Lesen kleiner vorgestellt und etwas kindlicher."
"Du auch?!"

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